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Laufsänfte mit Nehmerqualitäten

Brooks Caldera Trailrunningschuhe im Test

6 Minuten Lesezeit
Brooks will mit dem Caldera die Lücke zwischen Pure Grit und Cascadia schließen und hat eine komplette Neukonstruktion gewagt. Im Test zeigt sich, was der gut gedämpfte Allround-Trailrunningschuh kann.

Da ist er ja endlich, der Brooks Caldera! Die legendäre amerikanische Laufschuhschmiede lässt einen niegelnagelneuen Trailrunning-Schuh vom Stapel laufen, der eine Lücke im Laufschuh-Sortiment des Herstellers aus Seattle schließen soll. Der Schuh soll sich zwischen dem Langstrecken-Wunder Cascadia und dem etwas spartanischer ausgestatteten Pure Grit ansiedeln. Entsprechend groß ist die Vorfreude innerhalb der Laufgemeinde – und auch meine.

Parallelen zum legendären Brooks Cascadia, der 2017 in der zwölften (!) Auflage erscheint, sind nicht von der Hand zu weisen. Die Sprengung ist mit vier Millimetern sehr moderat, der Schuh erinnert an einen abgespeckten Hoka One One. Allerdings bringt der Caldera ein paar Gramm weniger als der Cascadia  auf die Waage – mein Testschuh wiegt im Paar knapp über 600 Gramm -, zudem ist das Profil in einzelne Sektionen unterteilt. Diese sollen laut Hersteller eine bessere Anpassung an den jeweiligen Untergrund ermöglichen als das „Planierraupen-Profil“ des Cascadia.

Auspacken des Brooks Caldera, oder: Der Aha-Effekt

Rein farblich ist der Brooks Caldera ein echter Hingucker. | Foto: Arnold Zimprich
Rein farblich ist der Brooks Caldera ein echter Hingucker. | Foto: Arnold Zimprich

Erzeugt Brooks schon beim Verpackungsdesign viele positive Lauf-Vibes, sorgt der Schuh selbst dann für eine echte Farbexplosion. Man merkt dem Caldera einfach an, dass Brooks etwas Neues ausprobieren will. Das Motto des amerikanischen Laufspezialisten lautet nicht umsonst „Run Happy!“

Knalliges Neonrot trifft auf Hellblau, gefährliches Schwarz am Steinschutz an der Front und am Schaft sorgt für die nötigen Kontraste. Die griffigen Schuhbänder nehmen das Farbschema wieder auf. Klar, Fans dezenter Designs wird der Brooks Caldera förmlich aus den Socken hauen. Läufer, die Farbtupfer an den Füßen eher schneller machen als verwirren, werden jedoch hellauf begeistert sein.

Der erste Härtetest: Seeshaupter Silvesterlauf

Ganz nach dem Motto „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“ nehme ich den Brooks Caldera gleich zu Beginn der Testphase mit auf einen Wettbewerb – den Seeshaupter Silvesterlauf. Es ist der erste Lauf, den ich mit dem Brooks Caldera überhaupt in Angriff nehme. Drei Runden à 3,5 Kilometer über Kieswege sind zu absolvieren – mehr weiß ich im Vorhinein nicht. Nachdem ich „Vollgas“ geben will, rechne ich mit einer Zielzeit um die 40 Minuten.

Womit ich allerdings nicht gerechnet habe, ist die extrem wellige Strecke. Hügel rauf, Hügel runter. Zerfahrener Ziehweg hier, brettelebener Fahrweg da. Vereiste Passagen im Schatten hier, von der Dezembersonne angewärmter Asphalt da. Von monotoner Kiesweg-Fetzerei keine Spur. Der ultimative Laufschuh-Test!

Sänfte in Schuhform

Nach dem Lauf kann ich sagen – gelungener Schuh, Brooks! Zwar ist es mit den 40 Minuten nichts geworden und ich bin froh, dass ich bei ca. 45 Minuten lande – aber dafür kann der Caldera rein gar nichts. Wie auf einer Sänfte trug er mich über Hügel, Tälchen und Raureif. „Mit seiner Energierückfuhr vermittelt er ein flexibles Lauferlebnis“, schreibt Brooks auf seiner Homepage. Das kann ich nur bestätigen. Es fühlt sich ein wenig so an, als laufe man auf einer Blattfeder. Vorteil: Der Caldera sorgt für langanhaltendes Geländevergnügen bei gemäßigter Geschwindigkeit. Nachteil: Alle, die im Gelände richtig schnell unterwegs sein wollen und sich eine direkte Rückmeldung wünschen, werden vom Caldera etwas enttäuscht sein.

Denn als ich versuche, bei den recht knackigen Anstiegen der Strecke die Muskelkraft in den Boden zu pumpen, verpufft eine ganze Menge in der „BIOMOGO DNA“-Zwischensohle, die wiederum auf dem nächsten Downhill für ein schwebeähnliches Gefühl sorgt. Ich gleite förmlich den Weg hinab, Bodenunebenheiten werden nur peripher wahrgenommen.

In Sachen Grip kann der Schuh auf ganzer Linie überzeugen. Brooks hat seine Hausaufgaben gemacht und beim Caldera statt des eher flachen und wenig unterteilten Profils des Cascadia ein deutlich „bissfreudigeres“ Profil entworfen, das auf allen möglichen Untergründen so richtig Spaß macht – bis vielleicht auf Schlamm. Das konnte ich allerdings nicht wirklich überprüfen, denn während des Tests war alles gefroren.

Der Brooks Caldera auf der Langstrecke

Lauf auf dem Vulkan - der Name Caldera ist auch beim Design Programm. | Foto: Arnold Zimprich
Lauf auf dem Vulkan – der Name Caldera ist auch beim Design Programm. | Foto: Arnold Zimprich

Gespannt entführe ich den Caldera ein paar Tage danach auf die „Langstrecke“. Ein Winterlauf über 24,5 Kilometer steht auf dem Programm. Die Landschaft zeigt sich tief verschneit. Geräumte Pfade wechseln mit Tiefschneepassagen ab, Wurzeltrails mit Teer – hier ist wirklich alles geboten, was das (Winter)Läuferherz begehrt.

Ich merke sofort: Der Brooks Caldera mag moderate Geschwindigkeiten ab einem Pace von fünf Minuten pro Kilometer abwärts. Natürlich hängt das auch stark vom Gewicht ab – ich bringe immerhin 83 Kilogramm auf die Waage. Und was den Untergrund angeht: Auch auf Schnee fühlt sich der Caldera wohl, zumindest so lange es nicht zu eisig wird.

Es fällt auf: Wenn man einmal die „Idealgeschwindigkeit“ gefunden hat, läuft es sich mit dem Caldera fast wie von selbst. Sobald man aber zu viel will, reagiert der Schuh etwas bockig, so als wolle er nicht zu sehr gequält werden und auch keine zu hohe Beanspruchung des Läufers zulassen. Eine echte Sänfte eben, die einen überall hinträgt!

Die Beine fühlen sich nach dem Lauf fast noch so frisch an wie davor und ich kann es kaum erwarten, den Caldera mal im Sommer auf Strecken jenseits der 30 Kilometer auszuführen.

Mit dem Caldera wird das Brooks-Motto "Run Happy" sofort in die Tat umgesetzt. | Foto: Arnold Zimprich
Mit dem Caldera wird das Brooks-Motto „Run Happy“ sofort in die Tat umgesetzt. | Foto: Arnold Zimprich

Fazit zum Test des Brooks Caldera

Sehr schön, was Brooks in Form des Caldera aus dem Lauflabor entlassen hat – dieser Schuh ist schnell zum neuen besten Lauffreund geworden. Als relativ großer (1,88 Meter) und schwerer Läufer kommen mir Dämpfung und Laufkomfort sehr entgegen. Der Caldera ist leichter als der Cascadia und deutlich komfortabler als der Pure Grit, die ich beide ebenfalls sehr gut kenne. Für mich womöglich die Wunderwaffe für die richtig langen Strecken.

Vor- und Nachteile des Brooks Caldera auf einen Blick

Plus:

  • ausgezeichnete Passform – Brooks verfügt über jahrzehntelange Erfahrung im Schuhbau und das merkt man
  • Laufkomfort wie auf einer Sänfte
  • Toller Grip auf trockenem Untergrund
  • Ausgezeichnetes Abrollverhalten

Minus:

  • für richtig hohe Geschwindigkeiten weniger geeignet
  • für Fans direkter Rückmeldungen etwas schwammig
  • für den Einsatz auf schlammigen Trails/tiefen Pulverschnee etwas zu undefiniertes Profil

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