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Kilian Fischhuber im Interview

6 Minuten Lesezeit
Kilian ist ein österreichischer Sportkletterer und Boulderer. Er ist Europameister, zweifacher Vizeweltmeister im Bouldern, und als erster männlicher Kletterer fünffacher Sieger in der Boulder-Weltcupgesamtwertung. Hier ist Kilian im Interview.

Kilian Fischhuber –  jeder der klettert oder bouldert, kennt ihn. Neben Wettkämpfen hat Kilian hat so manches schwere Boulderproblem bis 8c auf dem Touren- bzw. Boulderkonto. Ende 2014 hat er offiziell seine aktive Wettkampfkarriere beendet. Seitdem ist ein wenig Zeit ins Land gegangen. Wie geht es einem Sportprofi nach seiner Karriere denn so? Wir haben Kilian einfach gefragt.

Kilian Fischhuber: „Da habe ich festgestellt, dass ich eigentlich nicht mehr zurück in den Weltcupzirkus will“

Chiara Hanke: Wie hat sich das angefühlt, nachdem man jahrzehntelang sein Leben nach seinem Sport bzw. dem Wettkampfklettern ausgerichtet hat, wenn auf einmal alles wegfällt? War das eine langsame Umstellung von Prioritäten oder ein spontaner Entschluss?

Kilian Fischhuber im Interview. | Foto: E. Holzknecht
Kilian Fischhuber im Interview: Der sympathische Waidhofener hat die internationale Kletter- und Boulderszene nachhaltig geprägt und prägt sie heute noch. Nur eben ab Ende 2014 nicht mehr als Wettkämpfer. | Foto: E. Holzknecht

Kilian Fischhuber: Ich habe 1995 mit dem Klettern begonnen und im selben Jahr bereits meinen ersten Wettkampf bestritten. Seitdem ist es mir gelungen, den Wettkampfsport mit Felsklettern und Reisen zu kombinieren. Im Frühjahr wurde mehr in der Halle trainiert, in den Ferien immer (!) verreist, also auch am Fels geklettert. Ich habe mir neue Gebiete angeschaut und bin nach der Saison bei mir in der Umgebung viel am Fels geklettert. Nach meinem Wettkampfende ist mir also nicht „alles auf einmal weggefallen“! Ich habe eben die Prioritäten anders orientiert. Jetzt mache ich mehr am Fels und weniger in der Halle, aber ich gehe immer noch gerne ins Tivoli, um mit Kollegen zu bouldern oder Routen zu klettern.

Mit den Wettkämpfen – vor allem den Weltcups, EMs oder WMs – aufzuhören war ein langer Prozess und keine leichte Entscheidung. Ich habe in den vergangenen Saisonen nicht mehr alle Stationen des Weltcups mitgemacht und mir lange überlegt, wann und wie ich meine Wettkampfkarriere beenden will. 2014 habe ich den Heimweltcup in Innsbruck gewonnen und mir dabei die Schulter verletzt. Das wäre eigentlich ein guter, aber sehr spontaner Abschluss gewesen. Bei der WM im selben Jahr, Ende August, bin ich im Halbfinale gescheitert und war ziemlich enttäuscht. Das wäre sicher der falsche Weg gewesen, aus Enttäuschung das Handtuch zu werfen. Danach bin ich mit Anna (Anm. d. Red.: Kilians Lebenspartnerin) drei Monate in den USA und Kanada geklettert und gereist und habe festgestellt, dass ich eigentlich nicht mehr zurück in den Weltcupzirkus will, weil es mir auch ohne gut geht. In diesem Moment ist die endgültige Entscheidung gereift…

Welche Ziele hast Du Dir nach dieser Entscheidung neu gesteckt und wie sehen diese aus?

Ich will einfach mehr Fels klettern und weiter bereichernde Reisen machen. Und dass muss nicht immer Simbabwe oder Iran sein. Ich würde zum Beispiel sehr gerne mal die Gebiete in Salzburg besser kennenlernen.

Wie hat sich Dein Training im Laufe der Jahre verändert?

Die ersten Jahre waren unprofessionell, ich bin einfach klettern gegangen, wann und wie ich Lust hatte. Etwa um 1998 habe ich mit meinem ersten Trainer Martin Kerschner begonnen, etwas systematisch zu trainieren. Die ersten zwei Jahre in Innsbruck, ab 2002, waren nicht gerade von hartem Training gekennzeichnet. Ich wusste auch noch nicht, was möglich ist, und hatte vor allem keine Lust dazu. Erst so um 2004 habe ich begonnen, intensiv zu trainieren, und mir gleich meine erste Überlastung der Finger eingefangen. Ich musste die Weltcupführung aufgeben und schaute bei der EM in Italien „durch die Finger“. Das hat mein weiteres Training maßgeblich geprägt! Ich bin nicht unbedingt der Meinung, dass mehr Training automatisch mehr Nutzen hat.

„Beim Boulderweltcup in Innsbruck sind die Finger schon sehr, sehr weich.“

Kilian Fischhuber im Interview: "Ich will einfach mehr Fels klettern und weiter bereichernde Reisen machen. Und das muss nicht immer Simbabwe oder Iran sein. Ich würde zum Beispiel sehr gerne mal die Gebiete in Salzburg besser kennen lernen." | Foto: E. Holzknech
Kilian Fischhuber im Interview: „Ich will einfach mehr Fels klettern und weiter bereichernde Reisen machen. Und das muss nicht immer Simbabwe oder Iran sein. Ich würde zum Beispiel sehr gerne mal die Gebiete in Salzburg besser kennen lernen.“ | Foto: E. Holzknech

Wie ist das, wenn der Lebenspartner, mit dem man gemeinsam eine so lange Zeit auf so einem intensiven Niveau Wettkämpfe bestritten hat, weiter sein Leben danach ausrichtet? Würdest Du nicht das ein oder andere Mal gerne wieder mit in den Flieger steigen?

Ja, natürlich. Das ist schon immer noch ungewohnt.

2018 soll ja die Weltmeisterschaft im Bouldern in Innsbruck ausgerichtet werden und eine Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft ist das einzige, was Dir in Deiner Erfolgsbilanz noch fehlt. Spielst Du nicht noch ab und zu mit dem Gedanken, in Innsbruck an den Start zu gehen?

Nein, gar nicht! Ich freue mich aber sehr auf die Veranstaltung und bin mir sicher, dass sie ein Riesenspektakel wird!

Kannst Du ohne nasse Finger Wettkämpfen zuschauen, oder würdest Du am liebsten an die Boulder?

Kommt ganz darauf an. Aber beim Boulderweltcup in Innsbruck zum Beispiel sind die Finger schon sehr, sehr weich. Mitklettern muss ich da aber nicht mehr. Zusehen macht auch so nervös genug!

„Leichter wird es sicher nicht!“

Wie hat sich aus Deiner Sicht das Wettkampfbouldern in den letzten zehn Jahren verändert? Gibt es einen andauernden Trend?

Vom Stil her gibt es immer wieder mal Änderungen. Ende der 90er war es sehr leistig und löchrig. Die Kunst bestand darin, kleine Griffe zu halten. Dann wurde es kraftvoller. Calibani gewann die WM 2001 mit viel Körperkraft. Dann war’s mal modern, dynamisch zu bauen etc… Heute sind manche Boulder richtige Kunstwerke. Einen klaren Trend kann ich nicht erkennen, aber leichter wird es sicher nicht!

Bei einer so hohen Rate an Erfolgen drängt sich mir eine Frage auf: Hattest Du ein mentales Geheimrezept oder was hat Dich Deiner Meinung nach so erfolgreich werden lassen?

Hier klettert Kilian Fischhuber in Andalusien. | Foto: E. Holzknecht
Hier klettert Kilian Fischhuber in Andalusien. | Foto: E. Holzknecht

Ich denke, ich war einfach locker und habe mir nicht zu viele Gedanken und Erwartungen gemacht. Ich wollte halt klettern und Spaß haben und meine Leistung erbringen. Wenn wer besser war, war das ja nicht automatisch meine Schuld.

Was bedeutet es für Dich, draußen zu bouldern, im Gegensatz zum Wettkampfbouldern?

Beides hängt von der Qualität des Boulders, dem Stil und den Griffen bzw. der Felsqualität ab. Beides kann unglaublichen Spaß machen. Wenn aber ein Felsboulder gut ist, dann muss man das natürlich mehr schätzen, man kann ihn ja nicht einfach so modellieren, bis er gut ist.

Hast Du Idole bei Deinem Sport?

Ich finde es gut, wenn Menschen ihren Weg gehen, ohne sich zu verbiegen oder zu verkaufen. Ich habe viele Vorbilder, von denen ich mir gerne Teile abschaue. Die findet man aber nicht ganz oben auf dem Podest oder in einem Ranking der besten Felskletterer.

Was würdest Du als Dein persönliches Highlight in Deiner Wettkampfkarriere bezeichnen?

Mein erster Weltcupsieg 2004 in Erlangen so wie die Heimsiege beim Weltcup in Innsbruck und der EM-Titel in Eindhoven sind die Highlights.

Danke, Kilian Fischhuber, für die Antworten, Dir noch viel Spaß beim Klettern!

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