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Steiler Kalk im anderen Finale

Klettern in Oltrefinale im italienischen Ligurien

6 Minuten Lesezeit
Oltrefinale – dieser nur Kletterern geläufige Ort bezeichnet die vielen neueren Klettergebiete im felsenreichen Finale Ligure. Die größte vertikale Spielwiese bietet hier das Val Pennavaire in der Nähe von Albenga.

Das eine oder das andere Finale?

Wahrscheinlich haben die allermeisten Kletterer schon mal was vom Klettergebiet Finale Ligure gehört und viele waren bestimmt auch schon da. Schließlich wurde dort so einiges an Sportklettergeschichte geschrieben. Deshalb hatte auch ich schon seit Jahren vor, dem Gebiet einen Besuch abzustatten. „Nein, fahr lieber nach Oltrefinale!“ – rieten mir jedoch fast alle meine Freunde. Na gut – dachte ich mir, die werden schon einen guten Grund haben. Und so entschieden wir uns nicht für das klassische Gebiet Finale, sondern verbrachten eine Woche in dem etwa eine halbe Stunde weiter südlich gelegenen Oltrefinale, genauer in dem etwas neumodischeren Val Pennavaire, ganz in der Nähe von Albenga. Auch die anderen Täler der Gegend, etwa das Valle Argentina oder das Val Nervia, sind einen Besuch wert.

Oltrefinale: Anfahrt und Unterkunft

Bed and Breakfast, Camping oder eine private Wohnung über Airbnb mieten - Unterkunftsmöglichkeiten gibt es in Albenga genug | Foto: Christian Münch
Bed and Breakfast, Camping oder eine private Wohnung über Airbnb mieten – Unterkunftsmöglichkeiten gibt es in Albenga genug. | Foto: Christian Münch

Für die Anreise entschieden wir uns für den Weg durch die Schweiz, über Chur und Mailand. Zwar mussten wir dadurch die schweizerische Vignette kaufen, dafür konnten wir so eine Menge Autobahnmaut in Italien sparen.

Unterkünfte in der Nähe der Klettergebiete gibt es wie Sand am Meer. Neben einigen Campingplätzen in Albenga findet man zahllose Angebote für Bed and Breakfast-Wohnungen. Zum Zelten war es uns im November zu kalt, und auch die mindestens 30 Euro pro Nacht für eine ausgeschriebene Mietwohnung waren uns zu viel Geld. Als günstige und angenehme Alternative konnten wir über Airbnb für 20 Euro pro Nacht eine mehr als geräumige Wohnung direkt in Albenga bekommen. Ein Parkplatz war bequemer Weise gleich inklusive.

Nordwand oder Südwand? Leicht oder schwer?

Steile Wände im Gebiet Castelbianco werden vor allem Hardmover interessieren. | Foto: Christian Münch
Steile Wände im Gebiet Castelbianco werden vor allem Hardmover interessieren. | Foto: Christian Münch

Zur Orientierung in den Klettergebieten vor Ort hatten wir den „Oltrefinale“ Kletterführer von Vertical Life dabei. Im November kann es bei 20 Grad und Sonne an einer Südwand immer noch recht warm werden. Im Val Pennavaire ist das kein Problem: An den Nordwänden Cineplex oder Erboristeria waren wir gut vor der Sonne geschützt und hatten beim Klettern perfekte Bedingungen. Von 6a bis 8c war hier alles geboten. Wir hatten allerdings auch ein paar bedeckte und verregnete Tage mit weniger als 14 Grad. An diesen Tagen flüchteten wir auf südseitig ausgerichtete Felsen im Tal, dort war es deutlich angenehmer.

Sektor Altro di Castelbianco in Oltrefinale

Ein Südsektor, den wir öfter besuchten, war Altro di Castelbianco. Die Wand dort ist zusätzlich stark überhängend und der Zustieg dauert gerade mal fünf Minuten. So kamen wir halbwegs trocken zum Wandfuß und da die Griffe im Überhang tendenziell größer sind, war das Klettern auch bei Kälte kein Problem. Mit Routen in den Schwierigkeitsgraden 6b bis 9a gibt es in Castelbianco alles, was das Kletterer-Herz begehrt – richtig Spaß hat man hier, wenn sich das Kletterkönnen zwischen dem 7. und 8. französischen Grad bewegt.

Zustiege: kurz bis lang

Während der Zustieg nach Altro di Castelbianco sehr kurz ist, muss man zum Beispiel zum Sektor Cineplex einen Weg von 30 Minuten auf sich nehmen. Im wunderschönen Val Pennavaire fiel uns die längere Wanderung allerdings überhaupt nicht negativ auf. Dafür gibt es auf dem Weg im Tal durch den lichten Wald viel zu viel zu sehen und die Natur ist einfach wunderbar. Obendrein wird man mit einer beeindruckenden, menschenleeren Wand entlohnt. Gerade für die Abgeschiedenheit lohnt sich der weite Weg auf alle Fälle.

Felsqualität, Routenlänge und Bewertung

Von der Qualität des Gesteins in Oltrefinale war ich wirklich begeistert. Neben einigen Routen mit Sintern findet man auch jede Menge der von mir so heiß geliebten Leisten. Das ganze bekommt man in bestem Kalk geliefert, der noch schön rau und überhaupt nicht abgeklettert ist.

Die Routen, die wir geklettert sind, waren alle zwischen 15 und 30 Metern lang. Auch hier ist also für jeden Geschmack was dabei. Die Bewertungen kamen mir bis auf wenige Ausnahmen ehrlich vor, so wie ich es beispielsweise von Kochel oder dem Frankenjura her kenne. Die Klettersequenzen fand ich dabei überwiegend leicht zu lesen, was das Gebiet recht onsight-freundlich macht.

Tipps für Ruhetage

Sieht kälter aus, als es ist: Baden ist auch in den kälteren Monaten theoretisch möglich. | Foto: Christian Münch
Sieht kälter aus, als es ist: Baden ist auch in den kälteren Monaten theoretisch möglich. | Foto: Christian Münch

Auch während unserer beiden Ruhetage wurde uns alles andere als langweilig. Albenga liegt nicht nur an den Bergen, auch der Strand befand sich nur fünfzehn Minuten zu Fuß von unserer Unterkunft entfernt. Ich hatte nicht erwartet, dass das Wasser im November noch warm genug wäre, deshalb ließ ich meine Badeshorts von vornherein in der Unterkunft. Am besten hätte ich sie direkt mitgenommen, denn nachdem ich die Hand probeweise eingetaucht hatte, wäre ich am liebsten gleich ganz hineingegangen – das Wasser war wirklich erstaunlich warm. Ein guter Tipp ist es aber, zum Baden noch einen Ort weiter nach Alassio zu fahren. Im Gegensatz zum Strand in Albenga ist es hier sehr sauber und gepflegt, ganz ohne Müll.

Gemütlich flanieren und regenerieren - in der Innenstadt von Albenga. | Foto: Christian Münch
Gemütlich flanieren und regenerieren – in der Innenstadt von Albenga. | Foto: Christian Münch

Neben Strand und Bergen ist auch die Innenstadt von Albenga durchaus einen Besuch wert. Der Fluss verläuft ganz idyllisch direkt durch die kleine Stadt. Außerdem gibt es ein paar interessante Kirchen zu sehen – typisch Italien halt.

Ein kleines Stück den Berg hinauf, auch nur zehn Gehminuten von unserem Haus entfernt, hatte ich einen wunderschönen Blick aufs Meer und konnte neben ein paar netten Kakteen und anderen Pflanzen auch noch einige alte Ruinen entdecken.

Fazit zum Klettern in Oltrefinale

Nach Oltrefinale werde ich auf jeden Fall wieder kommen. Die Fahrt ist von München mit acht Stunden immer noch im Rahmen. Dafür bekommt man Meer und Felsen geboten. Je nach Budget ist in Sachen Unterkunft für jeden etwas dabei. Vor Ort sind die Gebiete schnell zu erreichen.

Von mir bekommt Oltrefinale daher eine glatte Eins. Das nächste Mal möchte ich aber auf jeden Fall auch ein paar alte Klassiker in Finale unter die Finger bekommen, schließlich liegt das nur eine halbe Stunde von Albenga entfernt.

Das Klettergebiet Oltrefinale im Überblick

  • Gesteinsart: Kalk in grandioser Felsqualität. Es gibt sowohl kurze als auch lange Routen in allen Schwierigkeiten, und die Schwierigkeitsbewertungen sind angemessen.
  • Anreise: Mit dem eigenen Auto oder alternativ mit dem Flugzeug oder Bahn nach Genua und dort einen Mietwagen nehmen.
  • Unterkunft: Zahlreiche Campingplätze am Meer und im Landesinneren, Bed & Breakfast, Airbnb oder Appartments. Ein gute Übersicht zu Übernachtungsmöglichkeiten bietet die Seite Roc Pennavaire.
  • Verpflegung: Jede Menge Supermärkte in Albenga
  • Beste Jahreszeit: Generell ist Klettern in Oltrefinale das ganze Jahr über möglich: Je nach Wetter und Jahreszeit kann auf der Nord- oder der Südseite geklettert werden. Im Winter sollte man sich dennoch sonnige Tage aussuchen, sonst ist es eher ungemütlich.
  • Kletterführer: Andrea Gallo: OltreFinale – Rock Climbing in West Liguria (Vertical Life)
  • Alternativprogramm: An den Ruhetagen hat man mit Bergen, Strand, Stadtbesichtigung und dem Besichtigen alter Bauten alle Möglichkeiten offen; weitere Informationen rund ums Organisatorische finden sich auf der Internetseite Roc Pennavaire.
  • Ausrüstung: Normale Sportkletterausrüstung, erhältlich bei Bergzeit:

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