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Über Winnetous Schlucht

Paklenica: Klettern im Nationalpark

8 Minuten Lesezeit
Paklenica gehört zu den bekanntesten und schönsten Klettergebieten Kroatiens. In einem wunderschönen Nationalpark gelegen, gibt es hier von Sportklettern bis zu anspruchsvollen Mehrseillängenrouten alles, was das Klettererherz begehrt!

Klar, die Winnetou-Filme haben als Kind die meisten von uns gesehen und gerade als Kletterer wünscht man sich nichts sehnlicher, als in einem solchen Meer aus schier endlosen weißen Kalkwänden zu stehen. Auch wenn in diesen Schluchten in Wirklichkeit keine Indianer unterwegs waren, so wurden die berühmten Filme dennoch genau hier gedreht – in Paklenica, Kroatien. Dass man hier neben anderen Aktivitäten auch hervorragend klettern kann, ist keine Weltneuheit. Aber trotzdem – oder vielleicht genau deshalb – sehr zu empfehlen!

Sportklettern oder Mehrseillängenrouten? Die Qual der Wahl

Mittlerweile bietet der Nationalpark Paklenica über 400 Routen von 3+ bis 8b+. Das Hauptaugenmerk liegt sicherlich auf den leichteren Routen bis zum 8. Grad, allerdings kann man gerade in den etwas abgelegeneren Sektoren wie Hram (Klanci) und Belvedere (Crljenica) auch bis hin zum 10. Grad Freude haben. Neben zahlreichen Sportkletterrouten mit größtenteils perfekter Absicherung finden sich auch viele Mehrseillängentouren unterschiedlichster Ausstattung mit bis zu 350 Metern Länge.

Im Paklenica-Nationalpark geht es auf zahlreichen Mehrseillängen hoch über die Schlucht hinaus. Aber auch Sportkletterrouten hat das Kletterrevier zu bieten.

Stefan Folger

Im Paklenica-Nationalpark geht es auf zahlreichen Mehrseillängen hoch über die Schlucht hinaus. Aber auch Sportkletterrouten hat das Kletterrevier zu bieten.


Anreise nach Paklenica

Unsere Reiseroute führt uns von Deutschland über den österreichischen Alpenraum und die mediterranen Alpenausläufer in Slowenien bis nach Kroatien. Da wir an diesem Tag keine Hektik verspüren und auch das Wetter perfekte Pausentagstimmung aufkommen lässt, entscheiden wir uns kurzerhand gegen die Autobahn und für die landschaftlich schönere Küstenstraße – die E65 ist der Highway Number 1 Kroatiens!

Der rechtsseitige Blick begleitet uns von Beginn an bis hin zum Ziel mit einer schroffen Küste, die in das tiefe Blau des Meeres mündet. Die linke Seite hingegen verändert sich stetig. Verwöhnt vom saftigen Grün der slowenischen Berge mischt sich auf unserem Weg nach Süden nun immer mehr weiß-graues Gestein dazwischen. Man kommt nicht umhin, die Gedanken in den Winnetou-Filmen schweifen zu lassen und von einem Ritt durch die endlosen Weiten der „kroatischen Prärie“ zu träumen!

Starigrad: das Basecamp

Die Ankunft in Starigrad – dem Ort am Fuß des Nationalparks Paklenica – holt uns dann aber doch wieder zurück ins hier und jetzt. Die zahlreichen Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung in und um den Nationalpark locken den Tourismus an. Nicht mit 5-Sterne Hotelanlagen und Strandressorts, eher mit Ferienwohnungen und Campingplätzen wird der sportlich ambitionierte Urlauber angesprochen. Von Radfahren über Wandern, Höhlenbesichtigung und Klettern ist hier alles geboten. Auf einmal ist es also bunt und nicht mehr grau …

Je nachdem wo man in Starigrad untergebracht ist, kann man zu Fuß oder mit dem Auto in den Nationalpark gelangen. Von unserem am Ortsausgang gelegenen Campingplatz laufen wir etwa eine halbe Stunde bis zum großzügigen Hauptparkplatz im Park. Von hier aus variieren die Zustiegszeiten je nach Sektor von fünf Minuten bis hin zu etwa einer Stunde. Fährt man mit dem Auto in den Park, sollte man nicht zu spät aufstehen, sonst verlängert sich die Laufzeit gewaltig, da man sich den Parkplatz mit vielen anderen Touristen teilt und weiter weg parken muss.

Der erste Eindruck vom Kletterrevier

Im Park angekommen, werden wir von einem Souveniershop, eingelassen in einer kleinen Höhle, begrüßt. Über diesen hinweg ragen zu beiden Seiten der Schlucht gewaltige Felswände empor. Die meisten davon bieten gut gesicherte, leicht plattige Kletterei an zerklüftetem Kalk.

Die große Auswahl an leichten Routen, vor allem in den Sektoren mit kurzem Zustieg, sind eine willkommene Anlaufstelle für kletternde Familien. Bereits am Vormittag herrscht daher auch reger Kletterbetrieb. Zu all dem Bunt der Klettergemeinde mischen sich auch einige teils staunende Wanderer, die auf dem Weg weiter nach oben in die Schlucht sind.

Klettern in Paklenica: die Sektoren im Überblick

Die Sektoren sind im Klettergebiet auf beiden Seiten der Schlucht verteilt. Vom oberen Parkplatz aus läuft man in wenigen Schritten in den Sektor Klanci. Dieser erstreckt sich einige hundert Meter entlang des Wanderwegs in die Schlucht hinein. Alle Wandteile dieses Sektors bieten einen kurzen Zustieg und leichte bis mittelschwere Kletterei an größtenteils plattigen Wänden. Auch für Kinder – egal ob kletternd oder nicht – ist dieser Sektor ideal. Der breite Wanderweg und das meist trockene Flussbett bieten ideale Bedingungen für Familien. Allerdings merkt man den Sektoren die hohe Beliebtheit der letzten Jahre schon etwas an!

Die längsten und einige der schwierigsten Routen im Paklenica-Nationalpark befinden sich in den Wänden des Sektors Anica Kuk.

Franziska Treuberg

Die längsten und einige der schwierigsten Routen im Paklenica-Nationalpark befinden sich in den Wänden des Sektors Anica Kuk.


Die längsten und einige der schwierigsten Routen im Paklenica-Nationalpark befinden sich in den Wänden des Sektors Anica Kuk.

Franziska Treuberg

Mehrseillängen-Routen in allen Schwierigkeitsgraden warten im Sektor Anica Kuk.


Bereits am Parkplatz kann man auch direkt in die ersten Mehrseillängenrouten einsteigen. Außerdem befinden sich immer wieder auch in den Sportklettersektoren längere Routen. Die meisten sind zwischen drei und sieben Seillängen lang. Wer allerdings vorhat längere Routen zu klettern (10 Seillängen und mehr) und dazu noch eine große Auswahl in beeindruckenden Wänden haben möchte, kommt um den Sektor Anica kuk nicht herum. Routen in allen Graden und jeglicher Absicherung warten hier in einer großen West- bis Nord- ausgerichteten Wand.

Der auffallend rote und gelbe Fels der Sektoren Hram (Klanci) und Belvedere (Crlenica) bieten steilere und schwerere Kletterei als die Gebiete am Boden der Schlucht. Gerade für Kletterer, die sich oberhalb des 8.  UIAA Grades wohlfühlen, ist der Torbogen von Hram ein Muss! Den etwas längeren, beschwerlicheren Zustieg sollte man hier durchaus in Kauf nehmen.

Steil und kräftig: der Sektor Hram

Für unseren ersten Tag zieht es uns ein wenig weg vom allgemeinen Trubel der Schlucht in den etwas höher gelegenen Sektor Hram. Der Zustieg ist kurz – aber dafür steil. Über eine Rinne und schroffe Felsblöcke geht es hinauf zum beeindruckenden Torbogen.

Der etwas aus der Umgebung hervorstechende rötlich-gelbe Fels wartet mit spektakulär überhängenden und kräftigen Routen ab dem 8. UIAA Grad auf. Nachdem wir alle unsere Arme zur Genüge spüren, zieht es uns schon am frühen Abend zurück zum Campingplatz.

Mehrseillängenrouten in Paklenica: viel Kletterlänge, wenig Zustieg

Am nächsten Tag soll es schließlich etwas Längeres werden. Eine der zahlreichen Mehrseillängen steht auf dem Plan – und es ist wirklich für alle Geschmäcker etwas dabei! Von kurzen Routen mit nur drei Seillängen bis hin zu Routen mit über zehn Seillängen und 350 Metern ist alles vorhanden. Die Schwierigkeiten variieren ebenfalls von ganz leicht bis in den 10. UIAA Grad hinein. Auch die Absicherung kann man sich hierbei ganz nach den eigenen Vorlieben aussuchen.

Wir entscheiden uns für eine Route mit 7 Seillängen bis zum 9. UIAA Grad mit perfekter Absicherung. Der Zustieg ist für eine Mehrseillängenroute ein Traum – für Paklenica Durchschnitt. Vom Parkplatz laufen wir 15 Minuten bis an den leicht zu findenden Einstieg.

Los geht’s mit einer leichten, perfekt gesicherten Länge zum Aufwärmen. Das tut der Vorstiegsmoral gut! Wir kämpfen uns mal schneller, mal langsamer nach oben und finden uns nach ein paar kurzen Orientierungsschwierigkeiten in der Schlüsselseillänge wieder. Ein abdrängender Riss läuft in eine glatte, grifflose Platte aus – hier ist echtes Klettern angesagt! Nach drei weiteren Längen stehen wir auf einer etwas abgesetzten Nadel fast am Rand der Schlucht und genießen den unglaublichen Anblick der über dem Meer untergehenden Sonne. Die angelegte Abseilpiste und der Weg zurück zum Parkplatz sind nur noch Formsache.

In Paklenica gibt es kurze, aber auch lange Zustiege ...

Stefan Folger

In Paklenica gibt es kurze, aber auch lange Zustiege …


Der Sektor Belvedere

Unser letzter Tag in den Schluchten Winnetous soll uns nochmals in einen neuen Sektor führen. Von einem Local haben wir den Tipp bekommen, dass der Sektor mit dem klangvollen Namen „Belvedere“ traumhafte Kletterei in allen Graden bietet – und das abseits von Familien und Wanderern. Das hätte uns bereits ein Hinweis sein können, da man in der Schlucht normalerweise immer auf Wanderer trifft…

Bereits vor dem eigentlichen Parkplatz geht dann auch direkt ein kleiner Pfad steil den Hang nach oben. Aus dem kleinen Pfad im Wald wird nach einiger Zeit ein Schotterweg und kurz darauf ein Geröllfeld. Nach einem für Paklenica schier endlosen Zustieg über unwegsames Gelände stehen wir etwa eine dreiviertel Stunde später vor der Wand. Nach einer kurzen Verschnaufpause legen wir los – und werden nicht enttäuscht! Die Wand bietet eine tolle Auswahl an Routen in nahezu allen Graden. Der leichte Wind und die Sonne runden einen perfekten Kletterspot ab!

Zurück im Camp entscheiden wir uns dann den Abend im benachbarten Restaurant ausklingen zu lassen. Es gibt kroatische Grillplatten, Nudelgerichte und natürlich Fisch. Letzterer wird sogar vom Chef persönlich am Tisch entgrätet! In Verbindung mit einem leckeren kroatischen Bier zum Abschluss eines anstrengenden Klettertages die perfekte Wohlfühlatmosphäre.

Im Hochsommer lohnt es sich früh aufzustehen, um in den kühlsten Stunden des Tages zu klettern. Tagsüber kann es in der Paklenica-Schlucht bis zu 40° heiß werden.

Stefan Folger

Im Hochsommer lohnt es sich früh aufzustehen, um in den kühlsten Stunden des Tages zu klettern. Tagsüber kann es in der Paklenica-Schlucht bis zu 40° heiß werden.


Im Hochsommer lohnt es sich früh aufzustehen, um in den kühlsten Stunden des Tages zu klettern. Tagsüber kann es in der Paklenica-Schlucht bis zu 40° heiß werden.

Stefan Folger

Für das Ruhetagsprogramm ist gesorgt: Zum Beispiel auf einer Wanderung in den beiden Paklenica-Schluchten und der umliegenden Bergwelt mit Hütteneinkehr.


Alternativprogramm zum Klettern

Plant man im Hochsommer nach Paklenica zu fahren, muss man mit entsprechenden Temperaturen rechnen. Es kann tagsüber durchaus 40°C heiß werden. In dieser Zeit lohnt es sich früh aufzustehen und nur bis Mittag in der Schlucht zu klettern, da sich die Hitze hier extrem staut. Den Nachmittag verbringt man dann besser am Meer oder in einer der Eisdielen und Cafes am Wasser!

Apropos Wasser. Regen gibt es in Paklenica zumindest in den Sommermonaten recht wenig. Sollte es doch einmal nasser werden als geplant gibt es reichlich Alternativprogramm. Die Felsen trocknen schnell und man kann sicher am nächsten Tag wieder klettern. Zur Abwechslung kann man zum Beispiel die noch ursprünglichere Nachbarschlucht Mala Paklenica („Kleine Paklenica-Schlucht“) besuchen oder einen Ausflug in die Höhle Manita Pec in Velika Paklenica (in der „großen“ Hauptschlucht) machen.

Die wichtigsten Informationen zu Paklenica

🗺️Alle Daten zum Klettergebiet im Überblick
  • Anreise: Von Deutschland kommend fährt man über Österreich und Slowenien bis nach Kroatien in Richtung Karlovac. Von hier nimmt man die E71 Richtung Zadar und folgt dieser bis kurz vor Zadar bei der Ausfahrt Maslenica. Anschließend fährt man an der Küste entlang Richtung Norden bis nach Starigrad.
    Vorsicht: In Slowenien benötigt man ebenso wie in Österreich eine Vignette, in Kroatien kostet die Maut für einen PKW derzeit pro 100km etwa 6€.
  • Übernachtung: In Starigrad finden sich zahlreiche Ferienwohnungen, Hotels und Campingplätze. Zur Hauptreisezeit ist es sinnvoll vorher zu reservieren/buchen.
  • Verpflegung: Einige Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten finden sich vor Ort
  • Beste Reisezeit: von März/April bis Oktober/November kann man mit sehr gutem Wetter rechnen. Im Sommer kann es allerdings sehr heiß werden.
  • Ausrüstung: Je nach eigenen Vorlieben: Von der Standard-Sportkletterausrüstung (70m Seil, 15 Exen) bis hin zur alpinen Ausrüstung mit Klemmkeilen und Friends ist alles möglich. Für Mehrseillängenrouten empfiehlt sich grundsätzlich ein Helm.
  • Kletterführer: Der „Paklenica Kletterführer“ von Boris Cujic vom Verlag Astroida ist das Standard Werk für Paklenica. Derzeit ist der Führer in der 6. Auflage erhältlich.
  • Die Währung in Kroatien sind Kroatische Kuna und derzeit (Mai 2016) entsprechen 7,50 Kn etwa 1€; Vielerorts ist Bezahlung mit EC- oder Kreditkarte möglich, auch mit Euro kann man hin und wieder bezahlen.
  • Der Nationalpark Paklenica kostet Eintritt: Die Fünf-Tages-Karte für Erwachsene zum Klettern kostet je nach Saison 120Kn – 150Kn (16€-20€). Für Kinder, Schüler und Studenten sind Ermäßigungen möglich.
  • Sprache: Neben Kroatisch kommt man auch mit Englisch gut voran, oftmals wird sogar Deutsch gesprochen!
  • Weitere Informationen zum Nationalpark finden sich auf dessen Homepage!

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