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Bionik geht Klettern

Klettergurt im Test: Ocun Webee

6 Minuten Lesezeit
Bionik, das kreative Umsetzen von Anregungen aus der Biologie in die Technik, mutet futuristisch an. Der Ocun Webee Klettergurt vereint auf diesem Weg Komfort mit geringem Gewicht. Wie macht er das und was bringt dieses Produktdesign den Kletterern?

Leichtes Material geht beim Klettern einher mit mehr Bewegungsfreiheit und Schnelligkeit, weniger Schlepperei und einer Verbesserung der eigenen Leistung. Damit sich hier keiner zum Hungern aufgerufen fühlt, hat der tschechische Hersteller Ocun auf der Outdoor 2013 den Klettergurt Ocun WeBee vorgestellt. Ich durfte mir den Klettergurt in den letzten Wochen etwas genauer anschauen. Klar ist: Das niedrigere Gewicht gibt es nicht umsonst. Und damit ist nicht in erster Linie der Preis gemeint, sondern kleinere Einbußen bei Handling und Komfort. Wo genau diese liegen und für wen der Klettergurt Ocun WeBee eine ausgezeichnete Wahl ist, wird hier erläutert.

Perfektes Verhältnis von Komfort und Gewicht bei einem Dreischnallengurt

Das wichtigste Merkmal des Klettergurts WeBee ist sein Gewicht: Mit 335 Gramm ist er einer der leichtesten Klettergurte auf dem Markt. Wo das Gewicht eingespart wurde, sticht sofort ins Auge: Die Polsterung an Beinschlaufen und Hüftgurt ist übersät mit unzähligen wabenförmigen Löchern. Das darunter die Haltekraft nicht leiden muss, ist dem laut Ocun revolutionären, perforierten 3D-Schaumstoff der Polsterung zu verdanken. Neben dem geringeren Gewicht führen die vielen Löcher zudem zu einer spürbar besseren Belüftung. Im Gegensatz zu anderen Gurten staut sich die Feuchtigkeit nicht so stark zwischen Körper und Gurt bzw. den Kontaktpunkten, sondern kann über die Löcher sofort entweichen.

Ocun weBee Klettergurt Test | Foto: Ocun
Das neuartige Design des Ocun WeBee Klettergurtes erinnert an Bienenwaben. Die Konstruktion der Beinschlaufen vereint geringes Gewicht mit viel Komfort. | Foto: Ocun

Insgesamt ist der Gurt sehr minimalistisch gehalten: der bereits erwähnte schwarzen Schaumstoff zur Polsterung ist mit sehr dünnem, grünem Bandmaterial umfasst. Etwas breiteres blaues Bandmaterial stellt die Verbindung zwischen Beinschlaufen und dem Rest des Gurtes her. Interessant ist dabei die Befestigung der Beinschlaufen: Die grünen Bandschlingen sind mittels Ankerstich und Vernähung an den blauen Bandschlingen befestigt. Das sieht nicht nur sehr solide aus, sondern spart auch noch gut an Gewicht.

Ein großer Pluspunkt des Ocun WeBee sind die verstellbaren Beinschlaufen, die es bei den meisten anderen High-End-Gurten in dieser Gewichtsklasse nicht gibt. Der Gurt kann also perfekt angepasst werden, d.h. der Einsatzbereich geht weit über das reine Sportklettern hinaus bis hin zum Hochtourengehen und Eisklettern.

Der Abriebschutz beim Ocun WeBee Klettergurt

Inzwischen schon Standard und auch beim WeBee vorhanden, ist ein Abriebschutz an der Verbindung zwischen Einbindeschlaufe und Beinschlaufen. Dieser ist im Gegensatz zu den Beinschlaufen aus schwarzem Bandmaterial. Das ist sehr sinnvoll: Ist der Abriebschutz nämlich durchgescheuert taucht das darunterliegende blaue Bandmaterial auf und der Gurt kann sofort als überfällig eingeschätzt und entsorgt werden. Leider macht der Abriebschutz einen relativ dünnen Eindruck und wird wohl, wie bei vielen anderen Gurten auch, nach einigen Jahren intensiver Nutzung durchgerieben sein.

Bionik oder einfach nur neues Design?

Ocun weBee Klettergurt Test | Abb.: Ocun
Die Sandwich-Konstruktion besteht aus perforiertem 3D-Schaumstoff mit Ventialtionslöchern. So kann das Waben-Material einlagig, ohne Futter und Außenschicht, in erarbeitet werden. Der Gurt wird dadurch Luftdurchlässig und sehr beweglich. Auch Kräfte verteilen sich gleichmäßig. Durch den haltbaren PE EVA-Schaumstoff ist der Gurt abriebfest, waschbar und leicht zu pflegen. | Abb.: Ocun

Die wichtigste Eigenschaft eines Klettergurtes  ist – noch vor Gewicht und Langlebigkeit – der Komfort. Hier wirbt Ocun mit seinem bereits erwähnten revolutionären, perforierten 3D-Schaumstoff, der für Flexibilität und gleichmäßige Kraftübertragung sorgen soll. Das Prinzip der Waben, wie es bei der Archiktekur der Bienenbehausungen vorkommt, optimiert nicht nur das Verhältnis von Gewicht und Komfort durch die kleinen Zwischenräume, sondern steht auch für ein neues sinnvolles Design – wie aus der Natur abgeschaut.

Theoretisch hört sich das sehr gut an, doch kann der Ocun WeBee diese Produktversprechungen auch in der Praxis einhalten? Ich habe ihn in der Mehrseillängenroute „E.B.“ (UIAA: 8+) am Ross- und Buchstein mit mehreren Hängeständen einem Härtetest unterzogen.

Am ersten Hängestand angekommen, fühlt sich das Sitzen im Gurt zunächst noch wunderbar an. Nach einigen Minuten des Sicherns im Stand schneiden die Beinschlaufen aber schon ein wenig ein. Für einen so leichten Gurt, der in erster Linie zum Sportklettern konzipiert wurde,  ist der Komfort trotzdem wirklich herausragend.

Ein Hauch Klettergurt: Der Ocun WeBee Klettergurt

Ocun weBee Klettergurt Test | Foto: David Lochner
Während des Kletterns spürt man den Ocun WeBee kaum. Durch die Konstruktion lässt sich der Klettergurt leicht, flexibel und bequem tragen.

Besonders gefallen hat mir das Tragegefühl während des Kletterns. Man spürt aufgrund des geringen Gewichts kaum den Klettergurt, schwitzt nicht unter den Schlaufen, und selbst bei harten Stürzen bleibt das Ganze bequem. In seinen Bewegungen wird man während des Kletterns nicht eingeschränkt.

Beim Sportklettern, seinem eigentlich angedachten Haupteinsatzgebiet, habe ich den Ocun WeBee erst recht intensiv ausprobiert – und war sehr zufrieden mit dem Klettergurt. Für das kurze Sitzen beim Ablassen und Ausbouldern ist der Komfort locker ausreichend. Auch die Qualität der Verarbeitung kann ich bisher als sehr gut bewerten: nach zwei Monaten intensiver Nutzung gibt es nichts zu beanstanden. Die Vernähungen sind bombenfest und es gibt keine abstehenden Fäden. Auch der Abriebschutz hat noch nicht an Material eingebüßt.

Ocun WeBee: Made in Europe

Wie der Hauch von Gurt hergestellt wird, zeigt Ocun in diesem Video. Der Gurt wird in Europa gefertigt und entspricht selbstverständlich den hohen Sicherheitsstandards. Die hohe Verabreitungsgüte spricht außerdem für die Marke Ocun:

Mein Fazit und Details zum Ocun WeBee

Wer einen sehr leichten, stylischen Gurt zum Sportklettern oder sportlichen Alpinklettern sucht, aber nicht auf verstellbare Beinschlaufen verzichten möchte und sich über eine gute Belüftung freut, sollte sich auf jeden Fall einmal in den Ocun WeBee hineinsetzen. Nur beim Alpinklettern habe ich beim Test dann doch ein kleines Manko gefunden: Etwas störend waren die kleinen, enganliegenden Materialschlaufen. Sobald man etwas mehr Material am Gurt hat, wird es unübersichtlich. Trotzdem werde ich den Ocun WeBee auch in Zukunft noch öfter auf anstrengende Alpinrouten mitnehmen und meinen schwereren Alpinklettergurt daheim lassen. Besonders dann, wenn zwar der Zustieg weit, die Kletterei aber kurz, schwer und mit Bohrhaken abgesichert ist. Allerdings muss man dabei einen etwas geringeren Komfort im Vergleich zu schwereren Gurten in der gleichen Preisklasse in Kauf nehmen.

Gibt es eine gute Alternative? Noch etwas leichter, und von vielen Wettkampfkletterern getragen, ist der Petzl Hirundos mit nur 300 Gramm (Größe M). Für diese 70 Gramm Gewichtsersparnis muss man allerdings im Vergleich zum Ocun WeBee auf Komfort, die verstellbaren Beinschlaufen und die ausgeklügelte Belüftung verzichten. Also: Bis jetzt gibt es keine wirkliche vergleichbare Alternative!

Produktdetails

Einsatzgebiet: Sportklettern, alpines Sportklettern, allround
Gewicht: 370 Gramm (M)
Maße:  74-85 Zentimeter Hüftumfang, 53-62 Zentimeter Beinumfang bei Größe M
Konstruktion: Mit innovativem WeBee Performance Technology an Hüft- und Beinschlaufen, verstellbare Beinschlaufen, auf der Rückseite abnehmbar
Schnallen und Schlaufen: Slide-Lock-Schnallen aus rostfreiem Stahl (3 x 20 Millimeter), 4 Materialschlaufen
Made in: von Hand in der EU hergestellt

 

 

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