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Eine Jacke für alle Fälle

Die Rab Kaon Isolationsjacke im Test

6 Minuten Lesezeit
Die neue Daunenjacke Rab Kaon soll dank einer Mischung aus Kunstfaser, Daune und Stellen ohne Isolation auch für schweißtreibende Aktivitäten prädestiniert sein - bei geringem Gewicht und kleinem Packmaß. Geht die Rechnung auf? Unser Bergzeit Autor Franz Güntner hat die Jacke einem gründlichen Praxistest unterzogen.

Unter Bergsteigern lautet ein bekannter Satz: Daune darf nicht nass werden! Aus diesem Grund verwendet man die natürliche Isolierung hauptsächlich für Einsatzzwecke, bei denen man das Nässeproblem gut kontrollieren kann: In dicken Daunenjacken und Handschuhen, die man bei sehr tiefen Temperaturen anzieht, in Schlafsäcken und natürlich in dünneren Jacken, die man aber nicht für die sportliche Aktivität selbst, sondern bei Pausen oder bei weniger anstrengenden Bewegungen (zum Beispiel beim Sichern oder beim Abstieg) verwendet.

Daune und Nässe – Erzfeinde?

Die größten Vorteile der Daune: Sie ist – bezogen auf die Wärmeleistung – sehr leicht und klein verpackbar. Wird sie jedoch nass, bildet sie Klumpen und wärmt dadurch nicht mehr. Noch schlimmer als die Nässe von außen, ist Schweiß: Er verklebt die feinen Äste der Daunenfasern nachhaltig. Die Folge: Auch wenn die Daune wieder trocken ist, können sich die Federn nicht mehr vollständig entfalten – Bauschkraft und Isolierfähigkeit lassen nach. Zum Glück lässt sich dieses Problem leicht beheben: Eine Wäsche mit dem richtigen Daunen-Waschmittel (zum Beispiel von Nikwax) entfernt die Salze, die der Schweiß in die Daune schmuggelt und im Nu ist die Jacke wieder wie neu. Das kannst Du übrigens, entgegen der üblichen Meinung, so oft wie nötig wiederholen: Wasser schädigt die Daune nämlich nicht – das beweisen auch die Gänse im Teich. Stichwort Gänse: Warum haben sie eigentlich nicht dieses Nässe-Problem? Die Antwort: Die niedlichen Teichbewohner reiben ihre Federn regelmäßig mit Fett ein.

Franz Güntner mit Rab Isolationsjacke beim Skitourengehen.
Die Kaon Jacke von Rab weist alle Vorteile einer Daunenjacke auf: Sie isoliert hervorragend, ist leicht und klein verpackbar – und eignet sich dank des cleveren Materialmix nicht nur für Pausen. | Foto: Franz Güntner

Da der geneigte Bergsteiger unterwegs natürlich Besseres zu tun hat, als das unter dem Stoff verpackte Federkleid ständig zu imprägnieren, erledigen das gute Hersteller vor dem Kauf. So auch bei der Rab Kaon: Die Daune und das Außenmaterial werden bei der Produktion einer PFC-freien, wasserabweisenden Nikwax-Behandlung unterzogen. Dadurch hält die Daune der Feuchtigkeit etwas länger stand und das Außenmaterial lässt Wasser besser abperlen.
Übrigens: Besser mit Feuchtigkeit und Schweiß kommt Kunstfaser klar: Jacken, die mit einer Kunstfaserfüllung wie Primaloft, Stratus oder Polartec Alpha ausgestattet sind, isolieren auch im nassen Zustand besser und verkleben nicht, wenn sie mit Schweiß in Berührung kommen. Dafür ist Kunstfaser nicht so klein komprimierbar – und auch nicht so leicht.

Die Rab Kaon, eine Hybridjacke

Des Problems ist man sich auch bei Rab bewusst – immerhin produziert das britische Unternehmen schon seit fast 30 Jahren Daunenbekleidung und Schlafsäcke für Bergsteiger und -innen. Die zentrale Frage: Wie kann man eine dünne Daunenjacke fertigen, die nicht nur für bewegungsarme Situationen geeignet ist, sondern auch Aktivitäten mitmacht, die den Puls und die Schweißproduktion in die Höhe treiben? Die Lösung: ein Materialmix!

Bei der Kaon vermischt Rab verschiedene Stoffe und Isolationen: Hochwertige 800 cuin Gänsedaunen bilden das Herzstück der Jacke. An besonders nässeempfindlichen Stellen wie Schultern und Handgelenken setzt Rab hingegen auf seine Stratus-Kunstfaserisolierung. Unter den Armen kommt ungefüttertes Pertex Quantum Air zum Einsatz. Es ist etwas wasser- und windabweisend, aber hoch atmungsaktiv.

Die Rab Kaon Jacke im Härtetest

„Perfekt für anspruchsvolle Touren“ soll die dünne Hybrid-Jacke sein. Unter „harschen Bedingungen und vor allem in Bewegung“ soll sie funktionieren. Ob das wirklich stimmt, konnte ich während eines mehrtägigen Skihochtouren-Trips  in Tirol (glücklicherweise noch vor dem Corona-Lockdown) ausprobieren. Mit im Programm: Nächte im Winterraum, Frühjahrstemperaturen am Berg, Schneetreiben und schneidender Wind – perfekt für den Härtetest.

Features der Rab Kaon: auf Gewicht getrimmt

Die Kaon Jacke von Rab in ihrem Packbeutel.
Aufs Wesentliche fokussiert: Die Rab Kaon wiegt gerade mal 256 Gramm (Bei Größe L). | Foto: Franz Güntner

Die Kaon kommt dank hochwertiger Daunen und dünnem Außenmaterial auf ein Gewicht von gerade einmal 256 Gramm (bei Größe L; nachgewogen). Das ist – salopp gesagt – verdammt wenig. Dafür spart Rab allerdings auch an Details: Der Kapuze fehlen Einstellmöglichkeiten, weshalb sie nicht jede Kopfbewegung mitmacht und so die Sicht hin und wieder einschränkt. Die Lösung auf Skitouren: Die Skibrille bei der Abfahrt über die Kapuze ziehen – dann funktioniert’s.

Ein anderes Feature ist leicht und extrem gut gelungen: die Napoleon-Tasche. Sie ist so groß, dass auch zeitgemäße Smartphones darin Platz finden und so der neuzeitliche Fotoapparat-Ersatz immer zur Hand ist.
Ab Werk findet sich in dieser einzigen Tasche der Kaon der lose Staubeutel für die Jacke. Praktisch, weil man den Beutel bei Bedarf zuhause lassen kann – unpraktisch, weil man ihn schnell verliert und ihn extra mitnehmen muss. Warum Rab nicht einfach eine Napoleon-Tasche zum Wenden konstruiert hat?

Stoff und Schnitt: sehr gelungen!

Eine perfekte Lösung ist Rab beim Stoff gelungen: Außen ist er wind- und wasserabweisend, innen angenehm weich – so angenehm, dass man die Jacke auch auf verschwitzter und tagelang ungewaschener Haut problemlos tragen kann – mehrere Nächte im Winterraum des Taschachhauses lieferten den Beweis.
Gewichtsoptimiert ist auch der Schnitt: „Slimfit“ gibt Rab für die Jacke an, mir mit meinen 1,79 Metern und etwas breiteren Schultern passt L wunderbar. Die Jacke ist tief nach unten geschnitten und macht viele Bewegungen mit, ohne zu verrutschen. Erfreulich für mich als Kletterer mit positivem Affenindex: Die Ärmel der Jacke fallen ausreichend lang aus!

Auf das Innere kommt es an: die Füllung

Nun aber zum wichtigsten Punkt: der Füllung, beziehungsweise deren Verteilung in der Jacke. Die Schulter- und Ärmelpartien sind mit Kunstfaser gefüllt, ebenso Teile der Kapuze. Unter den Armen kommt ungefüttertes, hoch atmungsaktives Pertex Quantum Air zum Einsatz, den Rest isoliert Rab mit Daune. Tatsächlich funktioniert der Mix recht gut. Aufstiege und Abfahrten bei Frühjahresbedingungen in der prallen Sonne ließen den Schweiß fließen, trotzdem blieb die Jacke erstaunlich trocken. Einzige Ausnahme: der Rücken. Auch hier isoliert Daune – obwohl dort meist ein Rucksack sitzt und man am Rücken in der Regel am stärksten schwitzt.

Franz Güntner auf dem Gipfel, im Hintergrund schneebedeckte Berge.
Die Kaon ist ein erstaunliches Kraftpaket, dass sich auch bei längeren Alpintouren bewährt. | Foto: Franz Güntner

Fazit: eine Jacke für alle Fälle

Tatsächlich: die Briten haben mit der Kaon eine tolle Jacke entwickelt, die so klein verpackbar und leicht ist, dass sie wirklich immer dabei sein darf – und dann nicht nur am Stand oder bei Pausen zum Einsatz kommen kann, sondern auch während der Tour.
Der Nässe-Nachteil der Daune fällt durch den gelungenen Materialmix nur wenig ins Gewicht. Einzig an wenigen Stellen am Rücken wird die Daune recht schnell feucht und verklumpt dann. Das macht aber nichts, da dort in der Regel der Rucksack die Isolation übernimmt.
Auch die Preisgestaltung gefällt: 240 Euro kostet die Jacke – dafür bekommt man neben modernsten Materialien und einem fein ausgearbeiteten Schnitt auch Daune, die RDS (Responsible Down Standard) zertifiziert ist. Das Siegel wird nur vergeben, wenn die Daune aus zertifizierten Betrieben mit ethisch einwandfreier Haltung stammt. Zudem kommt die Imprägnierung ohne PFCs (Perfluorcarbone) aus.

Die Kaon ist aktuell leider nicht verfügbar, im Bergzeit Shop findest Du passende Alternativen:

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