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Monsieur Extraordinaire

Xavier De Le Rue: Interview mit einem Extrem-Snowboarder

7 Minuten Lesezeit
Freerider Xavier De Le Rue gilt in der Snowboardszene als Legende. Wer seine Filme kennt weiß, mit welchem Enthusiasmus der Franzose in den Bergen unterwegs ist! Im Interview erlaubt De Le Rue einen tiefen Einblick in den Alltag eines Profis.

Die Person

Xavier De Le Rue: Der Profi-Sbowboarder in Arbeitskluft. | Foto: Tero Repo
Xavier De Le Rue: Der Profi-Sbowboarder in Arbeitskluft. | Foto: Tero Repo

Wer an Xavier De Le Rue denkt, denkt an Big Mountain Snowboarding und respekteinflößende Lines. De Le Rue hat eine Vielzahl an Trophäen und Titeln gewonnen, sich auf extreme Expeditionen begeben, hat zahlreiche Filme gedreht und sogar eine Filmdrohne entwickelt. Corrine Terkelsen, Redakteurin bei der englischsprachigen Ausgabe des Bergzeit Magazins, hatte auf der ISPO 2016 Gelegenheit mit dem Freerider, Expeditionsleiter, Filmemacher, Erfinder und (nicht zuletzt) Vater zu sprechen.

Xavier De Le Rue im Interview

Corrine Terkelsen: Xavier, Du hast die Freeride World Tour drei Mal in Folge gewonnen, Du hast Frankreich bei den Olympischen Spielen vertreten – die Liste der Top-Platzierungen ist lang. Bleibt die Frage, die sich alle jungen Snowboarder stellen – was ist Dein Geheimnis?

Xavier De Le Rue: Ich wünschte, ich könnte dieses Geheimnis benennen! Nein, im Ernst – da gibt es kein Geheimnis. Ich bin in den Bergen aufgewachsen, liebe was ich tue und tat es immer mit Vollgas. Was ich allerdings gemacht habe – ich habe verschiedene Elemente des Snowboardsports miteinander kombiniert, anstatt mich auf nur eine Disziplin zu versteifen. Das hat mir eine ausgezeichnete Ausgangsbasis verschafft, um meine Talente und Stärken optimal umzusetzen. Die Berge haben mir erlaubt zu träumen – und bei all den Wettbewerben, an denen ich teilgenommen habe, das Gelernte optimal umzusetzen!

Was Du so machst, schaut echt gefährlich aus! Speziell die Big Mountain-Abenteuer. Wie reagierst Du auf Leute, die „Zu gefährlich!”, „Das ist doch verrückt!” oder „Dabei wirst du sterben!” rufen?

"Du wirst sterben!" Kommentare wie diesen hört Xavier De Le Rue oft. | Foto: Tero Repo
„Du wirst sterben!“ Kommentare wie diesen hört Xavier De Le Rue oft. | Foto: Tero Repo

Ich höre solche Kommentare ziemlich oft. Das geht so weit, dass ich mich speziell während Unterbrechungen beim Filmdreh frage, was an all dem dran ist. Es dauert dann oft ein bisschen, ehe ich mir auf dem Gipfel des nächsten großen Berges versichere, dass alles okay ist. Wenn ich in meinem Element bin, ist eben alles in Ordnung! Wenn wir vor offensichtlichen Dingen Angst bekommen geht es oft eher darum, die Dämonen in unserem Kopf in Schach zu halten. Und sich nicht von Dingen beeindrucken zu lassen, die nur gefährlich aussehen, aber nicht gefährlich sind. Ein steiler Hang ist dafür das perfekte Beispiel. Alles, was ich tue, ist ein analytisches Herangehen an die Herausforderung. Es gibt immer eine Möglichkeit, mit dem Gefahrenaspekt umzugehen. Durch die analytische Herangehensweise wird für mich klar, dass nicht der Berg an sich die Gefahr darstellt – sondern andere Dinge, mit denen ich mich befassen muss.

Weil wir gerade von Gefahr sprechen – die ganze GoPro-Thematik hat innerhalb der Profi-Snowboardszene zu einer erhöhten Risikobereitschaft geführt. Und das nur, um auf Youtube ein neues Video unterzubringen. Was sagst Du zu dieser Thematik?

Früher hat es eine professionelle Filmcrew gebraucht, um so einen Film auf die Beine zu stellen. Inzwischen ist es so, dass jeder einigermaßen talentierte Sportler einen akzeptablen GoPro-Film drehen kann – und damit auch sein Wissen teilen und den Sport für die Allgemeinheit zugänglicher machen. Ich denke, dass Bergsport eine sehr dankbare Inspirationsquelle ist – im Unterschied zu anderen, deutlich „restriktiveren“ Sportarten. Entsprechend wichtig ist es für uns, das weiterzuentwickeln und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine GoPro ist dazu das perfekte Werkzeug!

„Du kannst entweder mit dem Risiko spielen – oder einen schlauen und sicheren Weg des Snowboardens entwickeln und es damit mehr genießen“

Die Berge sind große Lehrmeister. Es kommt auf eine analytische Herangehensweise an, um das Risiko zu minimieren. | Foto: Tero Repo
Die Berge sind große Lehrmeister. Es kommt auf eine analytische Herangehensweise an, um das Risiko zu minimieren. | Foto: Tero Repo

Extremes Snowboarden liegt bei Dir in der Familie – Deine Schwester und drei Brüder boarden ebenfalls, Deine Frau ist zudem eine ehemalige Profi-Skifahrerin! Da kann man ja fast drauf wetten, dass Deine Tochter eines Tages sagt: „Papa, ich möchte machen was Du machst!“ Deine Reaktion darauf?

Xavier De Le Rue: Ich würde ihr erklären, dass die Berge große Lehrmeister sind. Dass man entweder mit dem Risiko spielen oder einen schlauen und sicheren Weg des Snowboardens entwickeln kann und gleichzeitig streng mit sich ist – in Französisch sagen wir „intransigeant“, das heißt soviel wie „kompromisslos“. Ich habe selbst falsche Entscheidungen getroffen und weiß genau, wie schlimm es sein kann, wenn man beim extremen Snowboarden falsche Entscheidungen trifft. Ich werde also meiner Tochter erklären, dass man im Falle einer disziplinierteren Herangehensweise am Ende die schöneren Erlebnisse hat. Am Ende der Saison kann man in den Spiegel blicken und sich sagen „Wow, ich habe Spaß im Schnee gehabt und es wirklich genossen“ und nicht „Wow, habe ich ein Glück, dass ich noch lebe!“

Letztes Jahr hast Du an der „Degrees North“ Expedition teilgenommen. Wenn Du so etwas unternimmst  – was ist für Dich das persönliche Highlight? Der aufreibende Aufstieg mit Eispickel und grobem „Bergkontakt“ oder die Abfahrt und die Suche nach der perfekten Linie?

Der Schlüsselmoment ist für mich genau dann, wenn ich am höchsten Punkt stehe und gerade losfahre. Diesen Moment gibt es nur dann, wenn alle anderen Puzzleteile zusammenpassen. Die ganze Organisation vorab, der mühsame Anstieg – aber auch Details wie die Licht- und Schneeverhältnisse. An einige der aufregendsten Lines, die ich je gefahren bin, erinnere ich mich nur aufgrund dieses einen Moments – des Losfahr-Moments!

Authentischere, echtere Filme

Auf was können wir uns in der Zukunft freuen? Was ist Dein nächstes großes Projekt?

Xavier De Le Rue: Mein eigenes Unternehmen, Hexo+, war in die Entwicklung einer Drohne involviert, die es inzwischen zu kaufen gibt. Die Drohne wird via Smartphone programmiert und gesteuert. Du drückst ganz einfach auf „Follow Me“ und die Drohne folgt Dir und filmt Dich gleichzeitig. Dieses Jahr werde ich die Vermarktung der Drohne organisieren und fördern. Darüber hinaus habe ich zusammen mit meiner Frau einen DIY-Roadtrip durch ganz Europa gestartet – DIY (Do it Yourself) deswegen, weil ich es leid bin, dauernd mit riesigen Crews auf Achse zu sein …

Auf Expedition müssen alle Puzzleteile zusammenpassen. | Foto: Tero Repo
Auf Expedition müssen alle Puzzleteile zusammenpassen. | Foto: Tero Repo

In Kombination mit der Drohne wird es darüber hinaus künftig möglich sein, jeden Tag im Schnee unterwegs zu sein und Filme zu drehen. Also werden auch meine eigenen Filme künftig authentischer und echter rüberkommen!

In jedem Sport gibt es Trends und neue Technologien – es herrscht nirgends Stillstand. Mit Splitboards erhalten Snowboarder inzwischen Zugang zu hochalpinem Gelände. Haben Splitboards Snowboarden und Bergsteigen zusammengebracht?

Bereits vor zehn Jahren war ich viel in den Bergen unterwegs. Es machte mich schlichtweg wütend, wie scharf die Trennlinie zwischen Bergsteigen und Splitboarden war. Damals war es mein Traum, dass Snowboarder vom Alpinismus lernen würden – das heißt im schwierigen Gelände agiler zu werden, das Terrain besser „lesen“ zu können, mit Kletterausrüstung professioneller umzugehen, solche Dinge. Vor zehn Jahren war ein Snowboarder, der mit einem Pickel umgehen kann, noch ein echter Exot! Die erste Generation der Snowboarder wird langsam älter. Da ist es nur eine logische Entwicklung, dass man mit dem Älterwerden in andere, „natürlichere“ Facetten des Sports hineinschnuppert und den gewalzten Pisten auch mal fern bleibt…

Welche fünf Ausrüstungsgegenstände würdest Du – neben der LVS-Ausrüstung – immer mitnehmen?

Xavier De Le Rue ist einer der Wegbereiter hochalpinen Snowboardens. | Foto: Tero Repo
Xavier De Le Rue ist einer der Wegbereiter hochalpinen Snowboardens. | Foto: Tero Repo

Meinen Eispickel, die GoPro, meine (Hexo+) Drohne, Ohrhörer und Saucissons (französische Wurstsorte)!

Monsieur De Le Rue – vor Ende des Interviews hätten wir noch gerne drei kurze Antworten auf drei kurze Fragen: 1.) Heli oder Splitboard? 2.) Bestes Gericht, um sich nach einem harten Snowboard-Tag zu erholen? 3.) Wo in der Welt gibt es die aufregendsten Après Ski Bars?

1. Splitboard; 2. Panaché; 3. Verbier!

 

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