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Das Traktionswunder

adidas Terrex X-King Trailrunningschuhe im Test

6 Minuten Lesezeit
adidas lehnt sich mit dem grobstolligen X-King Trailrunningschuh weit aus dem Fenster. Bergzeit Magazin-Redakteur Arnold Zimprich wagt den Geländetest. Hält der zusammen mit Continental entwickelte Schuh, was das Profil verspricht?

Was für ein Schuh! Die brachiale Optik des adidas Terrex X-King besticht schon beim Auspacken. Gefährliches Schwarz wird durch ein paar Tupfer Continental-Orange ergänzt, das zackige Profil erinnert an ein geöffnetes Haifischmaul. Aber Moment mal: Continental, der Reifenhersteller? Richtig gelesen, der Schuh wurde zusammen mit den Mountainbike- und Autoreifenexperten entwickelt. adidas selbst bezeichnet seine Neuentwicklung als „Mountainbikereifen für die Füße“, und der Terrex X-King sieht auch so aus, als wollte er sofort los ins Gelände! Inwiefern sich die Traktion des X-King Reifens, einer der bewährtesten Mountainbike-Reifen im Continental-Sortiment, mit den Anforderungen eines Trailrunningschuhs in Verbindung bringen lässt – genau das will ich im Test überprüfen!

Der beißt: Profil und Form des adidas Terrex X-King Trailrunningschuhs errinern fast schon an einen Fußballschuh. | Foto: Arnold Zimprich
Der beißt: Profil und Form des adidas Terrex X-King Trailrunningschuhs errinern fast schon an einen Fußballschuh. | Foto: Arnold Zimprich

Raffinierte Herstellung

Der Clou am Terrex X-King ist seine Fertigungsweise. Unter Hitze wird die Continental-Gummimischung in das Trägermaterial gepresst. Nimmt man die Einlegesohlen heraus, kommt eine Karkasse wie bei einem Mountainbikereifen zum Vorschein. Das soll zum einen für ein ausgezeichnetes Gefühl für den Untergrund sorgen und zum anderen das Gewicht drücken. Mit 630 Gramm (Herstellerangabe bei meinen Testschuhen in Größe US 10) ist der adidas Terrex X-King zwar kein ausgesprochenes Leichtgewicht, aber trotzdem leicht genug, um sich in der harten Konkurrenz zwischen den Langstrecken-Geländelaufschuhen Saucony Nomand TR (522 Gramm pro Paar US 9) und Brooks Cascadia 10 (ca. 658 Gramm pro Paar US 9) einzugliedern. Inwiefern adidas mit dem Terrex X-King eine „class of its own“ auf die Beine gestellt hat, ist eine andere Frage. Meines Wissens hat sich jedenfalls noch kein anderer Laufschuhhersteller bei der Konstruktion eines Trailrunningschuhs an einem Fahrradreifen orientiert… Neuland also!

Man merkt sorfort, dass sich adidas bei der Sohle mit Continental zusammengetan hat. | Foto: Arnold Zimprich
Man merkt sorfort, dass sich adidas bei der Sohle mit Continental zusammengetan hat. | Foto: Arnold Zimprich

Erster Eindruck und Aufbau

Als sich der adidas Terrex X-King noch in der Packung befindet, glauben wir in der Redaktion des Bergzeit Magazins tatsächlich, einen Fahrradreifen in den Händen zu halten. Denn raffiniert positionierte Fenster geben nur einen Blick auf das Profil frei. Was sofort ins Auge sticht, ist die grobstollige Außensohle, die exakt das gleiche Profil aufweist wie der X-King Reifen. Ein Hingucker ist die extrem dicke Einlegesohle aus EVA-Schaum, die mit gleichbleibend hohen Dämpfungseigenschaften punkten soll. Man darf gespannt sein, ob sich das Konzept aus dünner, fester Außensohle und dem „dicken Schinken“ innen bewährt – ich selbst habe das bei noch keinem anderen Laufschuh gesehen.

Der Schuh verfügt zudem über ein praktisches Speed-Lacing-System, das an Salomon-Schuhe erinnert. In der Praxis funktioniert die Schnellschnürung genauso gut wie bei der Konkurrenz, zudem sorgt der integrierte „Lace Bungee“ Riemen dafür, dass die Schnürbänder gut aufgeräumt sind und nicht herumflattern.

Der harte Praxistest

Nach einigen Eingeh-Tagen, an denen ich mich mit der ausgezeichneten Passform des Schuhs angefreundet habe, führe ich den adidas Terrex X-King das erste Mal so richtig aus. Um ehrlich zu sein, gehe ich eher unemotional an den Test heran – ich habe noch nie einen adidas Terrex an den Füßen gehabt, zudem ist adidas in der Trailrunning-Szene noch wenig etabliert. Auf dem Programm steht eine abwechslungsreiche Runde über meinen Hausberg – ich bin gespannt!

Neugierig schlupfe ich in den Schuh, ziehe die Schnürung zu und starte auf die gut 13 Kilometer lange Runde mit mehr als 700 Höhenmetern. Vom Untergrund her ist alles dabei, was das Läuferherz begehrt. Los geht es mit einem steilen, gestuften und nassen Wurzeltrail, später kommt ein vereister und verschneiter Fahrweg. Jenseits der 1.000 Meter-Marke gibt es dann Schnee in allen Facetten: erst Schneematsch, dann Harsch, sogar schattige Pulverabschnitte sind dabei. Das alles wird mit kupiertem, abwechslungsreichem Gelände gewürzt.

Bei Matsch und Nässe macht der X-King so richtig Spaß. | Foto: Arnold Zimprich
Bei Matsch und Nässe macht der X-King so richtig Spaß. | Foto: Arnold Zimprich

adidas Terrex X-King: Das Traktionswunder

Als ich nach einem äußerst kurzweiligen Lauf am 1.343 Meter hohen Zwiesel bei Bad Tölz ankomme, bin ich platt – und zwar primär von der Performance des adidas Terrex X-King. Was die Herzogenauracher zusammen mit Conti auf die Stollen gestellt haben, ist ein echtes Traktionswunder. Der Schuh beißt sich gnadenlos in jede Art Untergrund, nicht ein einziges Mal hatte ich das Gefühl, dass mir der Schuh wegrutscht.

Kurz schieße ich ein paar Bilder, genieße die Rundsicht und begebe mich auf einer anderen Route zurück ins Tal – Abwechslung ist das Motto! Los geht es mit festgepacktem, von Eisplatten unterbrochenem Schnee. Auch hier punktet der X-King – ganz ohne Stahlspikes. Schließlich ein freigeschmolzener Fahr- und Rodelweg: Bergablaufen macht durch die extrem komfortable, leicht abfedernde Einlegesohle genauso viel Spaß wie die Uphills!

Ein Geländeschuh wie aus dem Bilderbuch

Stichwort Einlegesohle: Hier setzt adidas auf ein interessantes Konzept. Anstatt die Dämpfung in die Ferse des Schuhs zu integrieren, wird die Sechs-Millimeter-Sprengung in die Einlegesohle aus EVA-Schaum „eingebaut“.  Das sieht auf den ersten Blick ungewohnt aus, läuft sich aber erstaunlich komfortabel. Durch die feste Schnürung sitzt der Fuß auch auf kurvigen Passagen bombenfest im Schuh.

Schnell geschnürt: Das Speed Lacing System mit Verstaulasche sorgt für eine schnelle Fuß-Fixierung. | Foto: Arnold Zimprich
Schnell geschnürt: Das Speed Lacing System mit Verstaulasche sorgt für eine schnelle Fuß-Fixierung. | Foto: Arnold Zimprich

Schließlich geht es beim Finale meines 13-Kilometer-Laufs über knapp vier Asphalt-Kilometer zurück zum Ausgangspunkt. Wie ich bereits erwartet hatte, kann man den Terrex X-King zwar durchaus auf hartem Untergrund laufen – nur fühlt es sich ein wenig so an, als würde man mit einem Mountainbike ein Straßenrennen bestreiten. Der X-King ist eben ein astreiner Geländeschuh – nicht mehr und nicht weniger!

Testfazit: Das Konzept von adidas geht auf

Der adidas Terrex X-King hinterlässt nach dem Test einen bleibenden Eindruck. Für meine Begriffe sticht er sogar den populären Konkurrenten Salomon Speedcross 3 in Sachen Matsch-Traktion und Vielseitigkeit aus. Wo das weiche Salomon-Profil gerne mal wegschmiert, beißen sich die Continental-Stollen gnadenlos fest. Durch die robuste und steife Bauweise dürfte der Schuh zudem speziell Läufer begeistern, die wie ich die 1,85 Meter- und 80 Kilogramm-Marke überschreiten und damit eher zu den Lauf-Schwergewichten gehören. Aus Komfortgründen etwas Dämpfung an der Ferse zu haben – wieso nicht! Ich bin schwer gespannt, wie sich der Trailrunningschuh auf lange Sicht bewähren wird. Für kürzere, technische Trailruns bis 20 Kilometer Länge, die auf anspruchsvollem Untergrund stattfinden, ist er für mich künftig jedenfalls das Mittel der Wahl.

Geeignet für:

  • matschige, nasse und anspruchsvolle Trails
  • Fans von steifen Trailrunningschuhen mit integrierter Dämpfung
  • Materialquäler, die einen Schuh fürs Grobe suchen

Nicht geeignet für:

  • Barfußschuh-Enthusiasten und Leichtbaufreaks
  • Laufstrecken mit hohem Asphaltanteil
  • Liebhaber hoher Flexibilität und besonders weicher Obermaterialien

Weitere Laufschuh-Tests im Bergzeit Magazin:

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