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Maniküre für Kletterer

Hornhaut, Creme, Cuts: Handpflege für Klettern & Bouldern

8 Minuten Lesezeit
Rein oberflächlich gesehen sind es wohl die Hände, die beim Klettern am meisten beansprucht werden. Damit auf die Haut an den Fingern Verlass ist, sollten sie präventiv und nach Schrunden und Verletzungen entsprechend gepflegt werden.

Früher oder später passiert es wohl jedem Kletterer – er reißt sich auf die ein- oder andere Art die Finger auf. Ein Cut tut oft sehr weh und reißt wieder und wieder auf. Hier erfährst Du, worauf es bei der Handpflege und Hornhautpflege ankommt und was in Sachen Prävention am besten hilft.

Prävention: Wie pflege ich die Haut meiner Finger?

Um die Gefahr für einen Spannungsriss (mehr dazu unten) möglichst gering zu halten, sind ein paar einfache Tricks hilfreich. Zunächst gilt es, die Haut nicht zu trocken werden zu lassen und die Hände kontinuierlich zu pflegen um sogenannte Schrunden an den Fingern zu verhindern. Manche Kletterer haben von Haus aus weiche Haut, andere sollten am Ruhetag und nach dem Klettern eine feuchtigkeitsspendende Creme verwenden. Ich persönlich bevorzuge Neutrogena, Ringelblumensalbe, ClimbOn! oder KletterRetter.

Und auch nach dem Klettern sollte man sich recht bald die Hände waschen und das Chalk entfernen, um zu vermeiden, dass das weiße Pulver die Hände austrocknet.

Muss man fürs Klettern schmerzende Hornhaut an den Fingern entfernen?

In Sachen Hautpflege heißt es vor und während des Kletterns wachsam sein, um erste Anzeichen eines sich anbahnenden Cuts rechtzeitig zu erkennen . Meist wird die Haut in der vorderen Fingerbeuge schnell dick, da sie durch das Klettern zusammengeschoben wird. Kommt dann noch Trockenheit hinzu, bilden sich bald erste „Anrisskanten“. Hier sollte man die aufgeribbelte Hornhaut an den Fingern zeitig entfernen.

Für große Kanten habe ich immer eine Rasierklinge oder einen Nagelzwicker im Gepäck. Damit lässt sich überstehende Haut schnell und sauber entfernen.

Eine 80er-Körnung beim Schleifpapier ist ideal.

Chris Münch

Eine 80er-Körnung beim Schleifpapier ist ideal.


Eine 80er-Körnung beim Schleifpapier ist ideal.

Chris Münch

Rechzeitiges Feilen kann ein weiteres Aufreißen verhindern.


Dieses Vorgehen funktioniert jedoch nicht mehr, wenn sich schon ein erster Riss in der Fingerbeuge gebildet hat, der aber noch nicht blutet. Für diesen Fall ist eine Feile oder ein Stück Schmirgelpapier sehr gut geeignet. Damit wird die Haut rund um den Riss heruntergefeilt – bis sie überall gleich dick bzw. dünn ist.

Der Sinn hiervon ist folgender: Ist die Haut nur an der Anrissstelle sehr dünn, ansonsten aber überall noch gut, dann wird sie dort sehr schnell komplett einreißen, da es zu einer regelrechten Sollbruchstelle kommt. Ist die Haut rundherum ebenfalls dünn, verteilt sich der Zug, der bei aufgestellten Fingern entsteht, homogen über die gesamte Fläche und das Ganze ist sehr viel widerstandsfähiger.

Die Finger vor dem Abschleifen der Haut.

Chris Münch

Die Finger vor dem Abschleifen der Haut.


Die Finger vor dem Abschleifen der Haut.

Chris Münch

Die Finger nach dem Abschleifen der Haut.


Wie entferne ich Hornhaut oder Hautfetzen an Kletterfingern?

Ich persönlich verwende Schmirgelpapier, da es sehr flexibel ist. Optimal hat sich bei mir eine 80er-Körnung erwiesen. Von einem A4-Blatt schneidet man einfach ein etwa zehn Zentimeter breites und 20 Zentimeter langes Stück herunter und rollt es fest zu einer zehn Zentimeter breiten Rolle zusammen. Diese wird von Daumen und Zeigefinger der einen Hand gehalten. Nun kann an der betroffenen Stelle entweder aktiv mit dem Schmirgelpapier gefeilt werden – oder man hält die Rolle ruhig und wetzt mit dem betroffenen Finger darüber.

Welche Technik einem eher zusagt, ist Geschmacksache. Ich mache meistens beides abwechselnd.

Ist auch durch Feilen nichts mehr zu machen, dann heißt es tapen – bevor der Finger ganz aufreißt. Das ist allemal besser als einen Spannungsriss zu riskieren. Wenn die Haut noch nicht ganz offen ist, heilt sie meistens recht schnell. Ein tiefer Riss kann hingegen wochenlang wieder und wieder aufreißen.

Die Fingerhaut direkt nach dem Klettern zu feilen, ist übrigens auch sehr hilfreich. Die Finger sind dann für den nächsten Klettertag gut präpariert – auch wird das Hautwachstum durch den Reiz zusätzlich beschleunigt. Anschließend gründlich die Hände waschen und mit feuchtigkeitsspendender Salbe eincremen!

Wann ist die Haut an den Händen besonders anfällig für Verletzungen?

Generell hängt es vom Hauttyp, von der Art des Gesteins und von der Griffart ab, wann die Finger besonders anfällig für einen Cut sind.

  • Sloper: Bei runden Griffen im Kalk ist beispielsweise meistens keine Gefahr im Verzug, egal wie warm es ist. Am Granit oder Sandstein dagegen kann die Haut vor allem bei Wärme durch starkes Rutschen schnell durchgewetzt sein. Cuts bei dünner Haut sind allerdings meistens nicht so schlimm und können gut getaped werden. Sie verheilen außerdem ohne große Mühe schnell wieder.
  • Leisten: Bei Incut-Leisten ist vor allem trockene Haut gefährlich. Stellt man eine Leiste bei spröder Haut auf, kommt es schnell zu einem Spannungsriss in der vorderen Fingerbeuge. So etwas tut verdammt weh und heilt extrem schlecht. Deshalb ist hier vor allem in der kalten Jahreszeit Vorsicht geboten.
  • Spitze Griffe: Manche Griffe haben spitze Stellen, die regelrecht an kleine Nadeln erinnern. Ist ein solcher Griff absolut nicht zu vermeiden, kann es auch bei noch so guter Haut vorkommen, dass man sich regelrecht ein Loch in den Finger stanzt. Das kann zwar recht schmerzhaft sein, ist für gewöhnlich aber kein Beinbruch. Löcher haben meist keine Anrisskante und werden deshalb beim weiteren Klettern nicht größer. Sie können einfach getaped werden und heilen mit ein wenig Fürsorge recht schnell wieder zu.
  • Scharfe Leisten und Löcher: Natürlich sind auch scharfe Griffe sehr gefährlich für die Haut. Anders als bei Incut-Leisten ist hier allerdings weiche Haut das Problem. Wenn es recht warm wird – vor allem wenn man im ermüdeten Zustand klettert und einen scharfen Griff nicht mehr ganz aufgestellt bekommt – kann man sich leicht einen Schnitt zuziehen. Das passiert bei fehlender Körperspannung schnell, wenn der Fuß rutscht und unerwartet vermehrt Druck auf den Griff kommt. Obwohl weiche Haut generell ein Problem ist, sollten die Finger allerdings auch nicht spröde sein. Ideal ist eine Art ledrige Haut. Mir hilft das Verwenden von Neutrogena-Salbe am Ruhetag hier sehr gut. Schnitte sind sehr schmerzhaft und brauchen oft lange Zeit, um komplett zu verheilen. Wer sich schon mal mit einem Messer geschnitten hat, kann ein Lied davon singen. Je nach Tiefe des Schnittes kann der Klettertag dann leicht einmal gelaufen sein. Ansonsten hilft – ähnlich wie beim Spannungsriss – ein festes Tape, das den Schnitt zusammenhält.
Sloper können die Haut an den Fingern ganz schön dünn machen ...

Chris Münch

Sloper können die Haut an den Fingern ganz schön dünn machen …


Sloper können die Haut an den Fingern ganz schön dünn machen ...

Chris Münch

Je nach Griffbeschaffenheit entstehen andere Verletzungen.


Was kann ich bei einem Cut im Finger tun?

Manchmal hilft alle Vorsicht nichts und es entsteht doch ein Cut. Was zu tun ist, kommt auf die Art der Wunde an. Zunächst sollte die Blutung gestillt werden. Nur so ist eine weitere Behandlung möglich. Außerdem muss die Wunde gesäubert werden. Wer kein Desinfektionsmittel dabei hat, kann zumindest Wasser verwenden um die Wunde zu reinigen. Hat man sich einen richtigen Lappen weggerissen, sollte der Schnitt zunächst fest getaped werden – insbesondere wenn er sehr tief ist. Mit etwas Glück wächst die Haut dann wieder zusammen. Ansonsten kann man wahlweise erst mal über den Lappen drüber tapen oder ihn vorsichtig entfernen.

In vielen Fällen kann dann noch weiter geklettert werden. Ansonsten kann man sich immerhin über einen wunderschönen Ruhetag mit einer Menge Hautpflege freuen. Im Falle eines Spannungsrisses tape ich immer sehr fest, um den Finger zusammenzuhalten. Normalerweise klettere ich dann einfach weiter. Sobald der Cut wieder halbwegs zugeheilt ist, feile ich die umliegende Haut dann herunter.

Generell behandle ich offene Cuts nicht mit feuchtigkeitsspendender Salbe, sondern mit Wundsalbe. Ein Bepanthen-Verband über Nacht, gerne auch zwei bis drei Tage hintereinander, wirkt bei mir Wunder. Nachdem die Haut zugeheilt ist, halte ich sie dann wieder mit Neutrogena oder Ringelblumensalbe geschmeidig. Beim Klettern tape ich lieber länger als zu kurz, denn es gibt wenig Ernüchternderes als einen wieder aufreißenden Cut.

Was tun bei Blutblasen?

Zu guter Letzt kann einem neben einem Cut noch eine Blutblase zu schaffen machen. So etwas entsteht meistens, nachdem man von einem Griff gerutscht ist. Ich persönlich habe mir auch schon einige Male auf die Finger gehookt und wollte den Versuch nicht hergeben. Dann habe ich die Finger einfach unter der Ferse herausgezogen und den Boulder noch geklettert. Hinterher hatte ich dafür Spaß mit einer schmerzhaften Blutblase. Hier hilft am besten Tapen und Abwarten.

Generell ist eine Wunde dieser Art nicht so schlimm. Das aufgestaute Blut im Finger sorgt allerdings für großen Druck beim Greifen und das kann wirklich unangenehm werden. Deshalb habe ich immer eine spitze Nadel im Gepäck.

Mit einem Feuerzeug sterilisiere ich das Metall zuerst. Anschließend warte ich, bis sich die Wunde unter der Blutblase – nach meistens nicht viel mehr als einer halben Stunde – geschlossen hat. Nun steche ich die Blase vorsichtig mit der Nadel auf und drücke das Blut heraus. Je nach Gefühl tape ich den Finger dann noch bevor ich wieder klettern gehe. Oft kann ich auch direkt ohne Tape weitermachen.

Zusammenfassung: Fingerpflege für Kletterer

Um einem Cut vorzubeugen, heißt es…

  • die Haut durch Salbe geschmeidig halten
  • erste Anzeichen auf einen Cut frühzeitig durch feilen beseitigen
  • im Zweifelsfall früh genug tapen

Um einen Cut zu behandeln, gilt es…

  • die Wunde zu reinigen
  • eventuell zu tapen
  • überstehende Kanten zu entfernen
  • Wundsalbe zu verwenden
  • ausreichend lange zu tapen

Ich hoffe mein kleiner Erfahrungsbericht hilft Euch dabei, in Zukunft möglichst viele Cuts zu vermeiden. Ansonsten wünsche ich viel Freude beim Feilen und Tapen.

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