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Wildwasserschutz auf dem Balkan

Patagonia Dealer Camp: Save the Blue Heart of Europe

9 Minuten Lesezeit
Die Nachhaltigkeitsbeauftragte von Bergzeit, Sarah Lenz, reiste für drei Tage nach Bosnien, um an dem von Patagonia organisierten Dealercamp zur Umweltkampagne "Save the Blue Heart of Europe" teilzunehmen. Ziel des Camps war es, den Teilnehmern einen Eindruck von der Einzigartigkeit und Verwundbarkeit der Region zu verschaffen.

Als sich mir im September kurzfristig die Möglichkeit bietet, im Rahmen eines dreitägigen Patagonia-Dealer Camps mit dem Motto „Save the Blue Heart of Europe“ nach Bosnien zu reisen, tut sich bei mir assoziationsmäßig zunächst relativ wenig. Ich bin bisher nur ein einziges Mal auf dem Balkan gewesen. An der Küste in Kroatien, und das ist nun auch schon an die 15 Jahre her.

Update März 2019

Die Kampagne und der Film „Blue Heart“zeigen erste Erfolge. Die beste Nachricht ist, dass es den Bürgern des Bergdorfes Kruščica in Zentral Bosnien gelang, den Bau von zwei Wasserkraftwerken zu stoppen. Die Dämme hätten einen Fluss blockiert, der eine essentielle Wasserquelle für die umliegenden Dörfer darstellt. Wälder wären überflutet worden und das gesamte Ökosystem wäre zerstört worden. Das ganze Dorf war involviert und zusammen mit einem Anwalt verklagten sie die Regierung. Sie gewannen alle vier Prozesse.

Auch auf der EU-Ebene hat sich einiges getan. Das Europäische Parlament machte auf die Umweltrisiken von kleinen Staudämmen aufmerksam. Es betonte, dass viele Dämme nicht den Umweltstandards der EU entsprechen. Banken sollen somit aufgefordert werden,  ihre Unterstützung für Wasserkraftwerksprojekte  zu überdenken und zu überprüfen.

Es war ein erfolgreiches Jahr für die Flüsse des Balkans und auch für die Flüsse ganz Europas. Der Kampf ist jedoch nicht zu Ende. Dank der zahlreichen Unterstützung besteht weiterhin die Hoffnung, dass einige der wertvollsten wilden Orte Europas geschützt bleiben.

Umweltkampagne von Patagonia

Die Patagonia Dealer Camp Teilnehmer | Foto: Patagonia
Die Patagonia Dealer Camp Teilnehmer | Foto: Patagonia

Die von Patagonia beworbene Umweltkampagne „Save the Blue Heart of Europe“ ist mir bereits bekannt. Jedoch bin ich mir recht unsicher, was mich bei diesem Camp erwarten wird. Von Patagonia-Seite heißt es, dass es kein klassischer Businesstrip werden wird, sondern alle Teilnehmer einen Eindruck von der Einzigartigkeit aber auch Verwundbarkeit der Region bekommen sollen.

Der Hinweis auf der Packliste, dass Angelruten gestellt werden, lässt eine Vorahnung in mir aufkommen. Frei nach dem Motto „Lass dich überraschen“ packe ich die restliche benötigte Ausrüstung ein und setze mich am nächsten Morgen in den Flieger nach Zagreb, Kroatien.

Am vereinbarten Treffpunkt am Flughafen kommt eine relativ bunt gemischte Truppe an Vertretern weiterer Bergsporthändler, Filmfestbetreiber und NGOler aus Deutschland, Italien, UK, der Schweiz sowie Patagonia-Mitarbeiter zusammen. Wir machen uns mit dem Shuttle-Bus auf den Weg zu unserem Zielort: Bosanska Krupa im Nordwesten von Bosnien-Herzegowina.

Patagonia Dealer Camp: Die Unberührtheit der Natur entdecken

Bei der über zwei Stunden dauernden Fahrt bekommen wir einen ersten Eindruck von der Umgebung. Es offenbart sich eine idyllische Landschaft vor der Kulisse bewaldeter Hügel und steil aufragender Felsen. Im Gegensatz zum gewohnten Westeuropa überkommt einen hier sofort das Gefühl von unberührter Natur und Wildheit.

Bei der Einreise nach Bosnien treffen wir auf den Dreh- und Angelpunkt unserer Reise: den Fluss Una. Dieser bildet die natürliche Grenze zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegowina und hat mit seiner einzigartigen Schönheit bereits die alten Römer derart beeindruckt, dass er von da an „der eine“ (Una) genannt wurde. Wir folgen dem Flussverlauf der Una bis nach Bosanska Krupa, wo es in einer Gaststätte mit Blick auf das malerische Ufer des Flusses erstmal eine (typisch bosnische) deftige Mahlzeit gibt. Nachdem wir uns dort gestärkt und den ersten Schnaps (der immense Schnapsreichtum im Balkan war mir noch nicht bekannt) zu uns genommen haben, richten wir uns in zwei gemütlichen Holzblockhäusern im „Canadian Outback“-Style – der Una Discovery Lodge – ein. Anschließend wappnen wir uns für die nun kommende Aktivität: Fliegenfischen!

Fliegenfischen in der Una

Ist mir Angeln an sich schon relativ fremd, ist es das Fliegenfischen erst recht. Die friedvollen Bilder von Fliegenfischern aus dem Patagonia-Katalog im Hinterkopf, schmeiße ich mich jedoch mit Vorfreude in die zur Verfügung gestellten Wathose und Watstiefel. Nach anfänglicher Skepsis bin ich schnell davon überzeugt, dass ich tatsächlich keine nassen Füße bekomme.

Schließlich versuche ich mich mit einer weiteren Teilnehmerin darin, im Sog des Wassers auf den Beinen zu bleiben und die von den Guides gezeigte Wurftechnik umzusetzen. Beides ist jedoch weitaus anspruchsvoller als gedacht! Zwar ohne einen Fang (dieser wäre jedoch sowieso ganz getreu dem Motto „Catch&Release“ wieder freigelassen worden), aber um eine Erfahrung reicher genießen wir anschließend in der vom Kamin beheizten Lodge nochmals ein reichhaltiges Abendessen sowie ein paar Begrüßungsworte, bevor wir uns in weiser Voraussicht auf die Abenteuer des nächsten Tages in unsere Zimmer zurückziehen.

Im Una-Nationalpark

Am nächsten Tag brechen wir nach dem Frühstück bei leider recht schlechtem Wetter zum 80 Kilometer entfernten Una-Nationalpark auf. Dieser ist einer von drei Nationalparks in Bosnien-Herzegowina und dient dem Schutz der unberührten Abschnitte der Una und des Unac, einem Nebenfluss der Una.

Trotz des Regens verliert man sich in der Idylle und Schönheit dieses Ortes: imposante Felsriegel durchsetzt von grünen Böschungen, türkisfarbenes Wasser, malerische Kaskaden und Wasserfälle sowie die Gemeinde Martin Brod, die sich natürlich in die Landschaft einfügt. Der Park beheimatet eine üppige und einzigartige biologische Vielfalt mit 30 Fisch-, 130 Vogel- und weiteren Tierarten, u.a. Luchse, Wölfe, Bären und Gämsen. So z.B. auch die in unseren Breiten seltene Fischart des Huchens (Donaulachs), der jedoch gerade in den Balkanflüssen vermehrt zu finden ist. Bevor wir unserer neu gewonnen Leidenschaft des Fliegenfischens abermals nachgehen, brechen wir noch zu einer kurzen Wanderung auf. Hierbei erfahren wir auch mehr über die „Save the Blue Heart of Europe“-Kampagne und den sogenannten „Wasserkraft-Tsunami“.

Die Kampagne „Save the Blue Heart of Europe“

Idylle mit Hund: Auf dem Balkan befinden sich einige der letzten unverbauten Wildflüsse Europas. | Foto: Sarah Lenz
Idylle mit Hund: Auf dem Balkan befinden sich einige der letzten unverbauten Wildflüsse Europas. | Foto: Sarah Lenz

In der gesamten Balkanregion gibt es mehr als 20.000 km freifließende Gewässer – in dem Ausmaß ist das einzigartig in Europa. Dementsprechend attraktiv ist die Region für den Ausbau aus energiewirtschaftlicher Sicht: An die 3.000 Wasserkraftwerke sind dort geplant.

Mehr als 800 davon sollen in geschützten Gebieten gebaut werden, 113 sogar in Nationalparks – wie auch dem Una Nationalpark. Der Großteil der geplanten Staudämme soll dabei nur einen minimalen Energieertrag erbringen. Die Eingriffe in das einzigartige Ökosystem – das durch ein hohes Maß an Biodiversität geprägt wird – und die damit einhergehenden Auswirkungen auf Flora, Fauna und die Bewohner der Region sind jedoch enorm. Die Kampagne „Save the Blue Heart of Europe“ kämpft seit 2012 gegen den Ausbau der Wasserkraftanlagen und weitere kritische Erschließungsprojekte auf der Balkanhalbinsel an. Maßgeblich beteiligt an der Entstehung der Kampagne waren die NGOs RiverWatch aus Österreich und Euronatur aus Deutschland.

Kampagne gegen den Wasserkraftausbau

Aber natürlich braucht es auch die lokale Unterstützung aus der Balkanregion, wie z.B. von der aus Slowenien stammenden Balkan Rivers Tour, eine Art Bürgerbewegung, bei der im Jahr 2016 Aktivisten und Gegner der Ausbaupläne über einem Monat lang in sechs Ländern rund 390 Kilometer auf sechs Flüssen per Kanu zurücklegten und damit die mediale Aufmerksamkeit auf den Staudammwahn im Balkan lenkten.

Der Kopf dieser Bewegung, Rok Rozman, begleitet unseren dreitägigen Balkanaufenthalt. Als ehemaliger Profi-Kanute, der mit den Balkan-Wildflüssen aufgewachsen ist, sind seine Emotionen hinsichtlich der geplanten Entwicklungen verständlicherweise recht intensiv und er lässt uns recht lebhaft an seinen Erfahrungen im Kampf gegen den Wasserkraftausbau teilhaben. Auch Pippa Galoppa vom internationalen Netzwerk Bankwatch gibt aus erster Hand Einblicke in die Ergebnisse ihrer Recherche, von welchen Privatpersonen und Institutionen die Geldströme zur Finanzierung der geplanten Vorhaben fließen. Patagonia, der amerikanische Hersteller von Outdoor-Bekleidung und -Ausrüstung, unterstützt im Rahmen seines Förderprogramms für Umweltschutzgruppen und seiner umfassenden Nachhaltigkeitsmission die Kampagne dabei, Finanzierungen und Gemeindehilfen sowie größtmögliche internationale Aufmerksamkeit zu erlangen.

Eine Gegend voller Magie

Die Einzigartigkeit und Schönheit der Region wird uns beim Mittagspicknick mit gelegentlichem Auswerfen der Angelrute sowie der zweistündigen Rafting-Tour auf der Una immer wieder bewusst. Die gesamte Gegend hat etwas Magisches, das in diesem Moment durch die tiefhängenden Regenwolken und Nebelschwaden noch verstärkt wird.

Beeindruckende Felsriegel lassen einen das enorme Kletterpotential erahnen. Wenn man den ruhigen Fluss und das türkisblaue Wasser der Una betrachtet, erscheint automatisch die Vision eines ausgedehnten Sommertags, den man mit Schwimmen, Fischen und Faulenzen verbringt. Vor allem die Aussicht auf neue Abenteuer – sei es beim Klettern, Fischen, beim Wassersport oder Wandern – führt zu kribbligen Fingerspitzen. Der Gedanke daran, dass die Schönheit und das gewaltige Potential dieser Region durch den ausufernden Bau von Wasserkraftanlagen bedroht ist, macht dagegen betroffen.

Das Fliegenfischen war nur eine der vielseitigen Aktivitäten während des Camps. | Foto: Sarah Lenz
Das Fliegenfischen war nur eine der vielseitigen Aktivitäten während des Camps. | Foto: Sarah Lenz

Ende einer eindrucksvollen Balkanreise

Mit diesen Eindrücken neigt sich unser Ausflug auf den Balkan dem Ende zu: Wie am Abend zuvor gibt’s nach Wiederkehr von unserer Rafting-Tour ein ausgiebiges und gemütliches Abendessen, diesmal jedoch mit musikalischer Unterstützung einer lokalen Combo, bei der der ein oder andere das Tanzbein schwingt.

Als Abschiedsgeschenk bekommen alle Teilnehmer von den lokalen Guides als Andenken an das Angelerlebnis in der Una noch eine hölzerne Brandmalerei sowie ein Glas Honig aus der Region geschenkt. Am nächsten Morgen wird sich bereits in der Früh verabschiedet und in mehreren Gruppen zum Flughafen nach Zagreb aufgebrochen. Bei der zweistündigen Fahrt dorthin herrscht Stille in den Bussen. Jeder hängt seinen eigenen Gedanken an das blaue Herz von Europa nach, das an den Busfenstern vorbeirauscht.

Fazit zum Patagonia Dealer Camp

Wenn Patagonia sagt, dass man keinen klassischen Businesstrip erwarten soll, kann man sich darauf verlassen! Nach den drei Tagen habe ich eher das Gefühl, von einem entspannten Ausflug mit Freunden wiederzukommen als alles andere. Nichtsdestotrotz bin ich um einige Erfahrungen und Erlebnisse reicher. So habe ich erste Vorstöße in meiner Karriere als Profi-Fliegenfischerin gewagt und bin von der Schönheit der Balkanregion sowie der Herzlichkeit ihrer Bewohner restlos überzeugt. Zudem habe ich gelernt, dass Wasserkraft nicht, wie von vielen Seiten propagiert, als „grüne“ Energiequelle hingenommen werden kann. Die Aussage, dass es sich um eine CO²-arme Energieform handelt, ist einfach zu kurz gegriffen.

Daher meine Empfehlung: Fahrt in den Balkan und überzeugt euch selbst von der Schönheit sowie dem Potential dieser Region. Macht euch Gedanken darüber, wo z.B. euer Strom herkommt und was für Auswirkungen seine Erzeugung haben könnte. Und vor allem: Informiert euch über die Kampagne „Save the Blue Heart of Europe“ und unterstützt sie, wenn auch nur in der Form, dass ihr in eurem Freundeskreis darüber berichtet und diskutiert. Es wäre eine Schande, wenn dieses einzigartige Ökosystem verloren gehen würde!

Weiterführende Links zum Thema:

Hier geht es zu allen Patagonia-Produkten bei Bergzeit

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