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Ein Velcro-Slipper mit Fels-Gespür

Red Chili Atomyc Kletterschuhe im Test

6 Minuten Lesezeit
Mit dem Atomyc hat Red Chili, die Kletterschuh-Schmiede aus Löchgau, einen tollen Slipper-Velcro an den Start gebracht. Aber Vorsicht bei der Größenwahl ...

Es hätte so schön sein können: Endlich Frühling, endlich Semesterferien, endlich wieder zwei Wochen Bouldern in Fontainebleau. Mit ins Gepäck sollte das nagelneue „Pro-Modell“ Atomyc von Red Chili! So schön hätte es sein können, wenn das Testmodell, das einen Tag vor der Abreise per Post bei mir ankam, in meiner üblichen Größe UK 7 (bei normaler Schuhgröße 43) gepasst hätte. Hat es aber leider nicht …

Schweren Herzens schickte ich die Kletterschuhe zurück nach Löchgau und testete dann das Ersatzmodell in Größe UK 8,5 umso intensiver im heimatlichen Kochler Boulderrevier. Warum ich mit manchen Schuhmodellen von Red Chili ein Größenproblem habe, ist mir ein Rätsel.

 

Erleichterter Einstieg in den neuen Atomyc von Red Chili

Für Fontainebleau leider zu spät - dann wird eben im Kalk getestet. | Foto: Bene Hirschmann
Für Fontainebleau leider zu spät – dann wird eben im Kalk getestet. | Foto: Bene Hirschmann

Die Größe war jedoch das einzige Problem, das ich mit dem brandneuen High-End-Kletterschuh aus dem Hause Glowacz hatte. Im vergangenen Jahr hatte ich schon den Octan getestet. Damals war für meine eher breiten Füße der enge Einstieg schwierig. Das Red Chili-Team hat daran offensichtlich gearbeitet und eine Lösung gefunden: den „1-VCR-Einstieg“. Das ist ein keilförmiger, elastischer Stretch-Einsatz am Rist. Zusammen mit drei Anziehschlaufen (im Vergleich zum Octan eine zusätzliche am Rist) erleichtert diese Ausstattung das Anziehen beim neuen Modell deutlich. Die beiden Schlaufen an der Ferse sind dabei besser zu fassen als die für meine Finger etwas zu klein geratene Lederschlaufe am Rist. Bis zum Vorderfuß gestaltet sich das Hineinschlüpfen einfach, dennoch ist für den Restfuß nach wie vor – zumindest anfangs – etwas Geduld nötig. Mein Tipp: Ein Stück Plastikfolie unter der Ferse spart Nerven und schont das Material.

 

Der Atomyc: ein Slippervelcro

Geschlossen wird der Atomyc im Gegensatz zum Octan (drei Velcros) mit einem einzigen breiten Klettverschluss. Der ist sehr gut zu bedienen, hält zuverlässig und hinterlässt keine schmerzhaften Druckstellen auf dem Fuß. Hinsichtlich der Schaftkonstruktion handelt es sich um eine Mischung aus Slipper und Velcro. Das Obermaterial besteht aus dehnbarem Kunstleder und aus Mikrofaser. Es fühlt sich sehr komfortabel an, ist atmungsaktiv, trocknet leicht und behält – im Gegensatz zu echtem Leder – auch nach längerem Tragen seine Form. Damit der Fuß innerhalb des Schuhs bei technischen Routen nicht verrutscht, sondern festen Halt findet, ist das Fußbett aus Leder gefertigt.

 

Vibram XS-Grip-Gummi

Dank der überzeugenden Qualität des Sohlengummis liefert die neue Waffe von Red Chili auch am Fels eine gute Performance ab. Die Vibram XS Grip-Sohle ist mit einer Stärke von 4,5 Millimetern etwas dicker als beim Octan-Modell. Das wirkt sich auf Dauer positiv auf Haltbarkeit und Stabilität aus. Der Gummi wirkt anfangs eher glatt. Nach ein paar Bouldersessions verbessert sich aber der Grip. Besonders verstärkt sind der Zehen- und Fersenbereich – ein durchdachtes Detail, das sich stabilisierend auf die Passform auswirkt. Der Gummi ist aber trotzdem dünn genug, um durch das Material hindurch ausreichend Gefühl für den Fels zu entwickeln. Gefühlsecht klettern – fast so schön wie barfuß. Optimale Kraftübertragung bei gleichzeitiger Flexibilität und Sensibilität – so kann man die Vorzüge des Atomyc zusammenfassen.

 

Größenwahl beim Atomyc = Schuhgröße

Wie eingangs beschrieben, habe ich bei der Größenwahl zuerst noch ziemlich daneben gelangt. Normalerweise trage ich Schuhgröße 43. Beim Atomyc brauche ich UK 8,5, das entspricht laut Red Chili Größentabelle 42,5. Man muss sich erst noch daran gewöhnen, wenn Kletterschuh-Hersteller realistische Größen angeben …

 

Vorspannung, Asymmetrie und Passform

Im Gegensatz zum Octan ist die Form des Atomyc nur leicht asymmetrisch, der Downturn jedoch nicht so aggressiv. So kann man auch auf Reibung noch perfekt stehen (Volumes in der Halle, Platten und abschüssige Tritte am Fels). Die Vorspannung empfinde ich nicht so extrem wie bei anderen High-End-Modellen, zum Beispiel von La Sportiva oder Five Ten. Eine Besonderheit ist der zweigeteilte Sohlenaufbau und die weiche Zwischensohle, die den Kletterschlappen sehr flexibel und feinfühlig in technischen Routen macht.

Im Zehenbereich ist der Gummi asymmetrisch weit nach hinten gezogen – ohne störende Überlappungen oder Nähte (was sehr zum Tragekomfort beiträgt). Der Klettverschluss drückt dabei die Zehen fest in die Schuhspitze mit ihrem ausgeprägten, ergonomischen Downturn. Dies ermöglicht eine optimale Kraftübertragung auf den Tritt. Die Größe der Toebox ist für meine breiten Füße grenzwertig, für schmalere Füße jedoch sehr gut geeignet.

Die Zehen werden aufgrund des Downturns schräg nach unten gebogen. Trotzdem kann ich längere Zeit ohne Schmerzen oder Ermüdungserscheinungen bouldern. Die Schuhspitze ist nicht abgerundet wie bei Allrounder-Modellen, sondern leicht kantig, und somit optimal zum Ziehen an kleinen Tritten oder Spax in der Halle. Gelungen ist in meinen Augen auch der Schnitt der Ferse, die dank „Performance-Fit“-Konstruktion wie angegossen sitzt. Das Material passt sich optimal der individuellen Fersenform an und ermöglicht so Heelhooks, ohne dass es einem unfreiwillig den Kletterschuh auszieht. In Kombination mit dem griffigen Vibram-Gummi ist der Red Chili Atomyc somit eine optimale Waffe, um athletische Boulder mit Volumes und Überhänge anzugehen.

 

Test-Fazit zu den Red Chili Atomyc Kletterschuhen

Der Atomyc ist sicher kein Kletterschuh für Anfänger, sondern ein auffallend flexibler und feinfühliger Hardcore-Schuh für leistungsorientierte Kletterer und Boulderer. Was mir besonders gefällt: Der gute Grip des Gummis und die weiche Zwischensohle machen ihn sehr sensibel bei Spax in der Halle, aber auch bei Reibungstritten auf Platten. Gerade bei letzteren zeigen sich die Vorteile einer geringen Vorspannung – beispielsweise im Gegensatz zum „Solution“ von La Sportiva. Aber auch in steilem Gelände und im Überhang eignet er sich aufgrund der optimal konstruierten Ferse und Spitze gut zum Hooken und Ziehen an kleinen Ecken. Er krallt sich förmlich an kleinsten Tritten fest, der Druck wird aufgrund der perfekten Passform gut an den Fels gebracht.

Meine Empfehlung: Unbedingt größer als gewohnt bestellen. Und nicht erst einen Tag vor dem Kletterurlaub besorgen, wenn man seine genaue Atomyc-Größe nicht kennt!

Alle Daten zum Red Chili Atomyc auf einen Blick

  • Konstruktion: Slipper mit einem Velcro
  • Material: Mikrofaser, Kunstleder, Stretcheinsätze
  • Sohle: Vibram XS-Grip 4,5 Millimeter
  • Form: leicht asymmetrisch, starke Vorspannung
  • Gewicht: 480 Gramm pro Paar Größe EU 41
  • Größen: UK 3-12 (fällt sehr klein aus)

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