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Auf eigene Gefahr

Alpspitz-Ferrata: Klettersteig-Tour im Winter

7 Minuten Lesezeit
Im Sommer zählt die Alpspitz-Ferrata zu den stark frequentierten Klettersteigen in den Bayerischen Alpen. Machbar ist eine Winterbegehung bei Eis und Schneeauflage aber trotzdem - entsprechende Berg-Erfahrung vorausgesetzt. Ein Tourenbericht.

Die Alpspitz-Ferrata im Wettersteingebirge ist einer der schönsten Anfängerklettersteige der Nordalpen – und im Sommer entsprechend stark frequentiert. Doch im Herbst und Winter, bei Schneeauflage, wird der Klettersteig schnell zu einer ganz anderen Nummer.

Wintersperre oder „Begehen auf eigene Gefahr“

Bereits an der Talstation der Alpspitzbahn in Garmisch-Partenkirchen informiert man uns vor der Seilbahnfahrt auf den Osterfelderkopf über die Sperre des Klettersteigs, die von der Zugspitzbahn den Winter über – vermutlich aus Haftungsgründen – verhängt wird. Wir haken nach und fragen, was das im Detail bedeutet. Immerhin haben wir vor, die Alpspitz-Ferrata trotz der frühwinterlichen Schneeauflage zu meistern. Die Antwort lautet: „Die Begehung ist aufgrund der Vereisung und Schneeauflage gefährlich, das Begehen erfolgt auf eigene Gefahr.“ Nun gut, dieses Risiko nehmen wir auf uns!

Nichts für unerfahrene Bergtouristen

Die Wintersperre ist sicherlich sinnvoll, um unerfahrene Bergtouristen und weniger erfahrene Klettersteiggeher von einem unberechenbaren Wagnis am Klettersteig auf die Alpspitze abzuhalten. Wir haben uns jedoch ganz bewusst für die winterliche Begehung entschieden. Mit der entsprechenden Berg- und Klettererfahrung lassen wir es daher trotz Eis und Schneeauflage auf einen Versuch ankommen. Wie wir später erfahren, hat eine lokale Alpinschule die Winterbegehung des Klettersteigs im Programm. Auf ein Hasardeurspiel lassen wir uns hier also nicht ein!

Mit dabei ist neben der üblichen Klettersteigausrüstung – Helm, Klettersteigset und Klettergurt – auch eine Menge weiteres Material: zwei Halbseile, diverse Karabiner und Bandschlingen, einige Klemmgeräte und zwei Eisschrauben. Getreu dem Motto „Man kann nie zu gut ausgerüstet sein“ finden sich auch noch Eispickel und Steigeisen im Gepäck.

Einsamer Start am Osterfelderkopf

In neun Minuten bringt uns die Seilbahn auf den Osterfelderkopf (2.050 Meter). Trotz des unglaublich guten Wetters sind wir überrascht, wie wenig andere Gäste die erste Bergfahrt des Tages in Anspruch nehmen. Schnell wird klar, dass es hier aufgrund der aktuellen Schneesituation – zum Skifahren zu wenig, zum Wandern zu viel – eigentlich nicht viele Möglichkeiten für touristische Aktivitäten gibt, außer die Aussicht zu genießen und das Restaurant zu besuchen.

Unser Weg führt uns zu Fuß weiter in Richtung des Einstiegs in den Klettersteig. Diesen erreicht man am Fuße der Alpspitze-Nordwand nach etwa 20 Minuten. Wir sind froh, dass wir früh dran sind. So ist der Schnee festgefroren und trägt unsere Schritte.

Die Quergänge im Alpspitz-Klettersteig erfordern eine sichere Lawinenlage. | Foto: Ben Weiler
Die Quergänge im Alpspitz-Klettersteig erfordern eine sichere Lawinenlage. | Foto: Ben Weiler

Einstieg in die Alpspitz-Ferrata

Am Einstieg legen wir die Klettersteigausrüstung an und erklimmen sofort die Einstiegsleiter. Über leichtes Gelände geht es 15 Minuten bergauf, bis schließlich die ersten Drahtseilpassagen unter den Schneemassen verschwinden. An diesen Stellen können wir uns nun nicht mehr wie gewohnt mit dem Klettersteigset einhaken – und gehen ungesichert weiter.

Langsam gewinnt das Gelände an Steilheit und es gilt einen steilen Schneehang zu queren, um zu einer weiteren Leiter zu gelangen. Spätestens bei dieser Querung sollte man sich über die Lawinensituation Gedanken gemacht haben. In unserem Fall ist die Querung verantwortbar, da es in den letzten Tagen kaum Neuschnee gegeben hat und der Schneedeckenaufbau dementsprechend stabil ist.

Nachdem die Routenführung nun wieder über etwas weniger steiles Gelände verläuft, erreichen wir nach etwa zwei Stunden das sogenannte „Herz“, das etwa in der Mitte des Klettersteiges liegt.

Es wird steiler: Der Gipfelanstieg zur Alpspitze

Die zweite Hälfte des Aufstiegs wird nun deutlich steiler, die Route führt in einer etwas direkteren Linie Richtung Gipfel. Ab hier sind auch die meisten der mit B klassifizierten Klettersteig-Stellen zu meistern.

In diesem Teil des angeschneiten Klettersteigs kommt echtes Hochtourenfeeling auf, denn das Drahtseil blitzt nur noch selten aus dem Schnee hervor. Es gilt nun, sich durch steile Schneeflanken hinaufzuarbeiten – und das ohne Drahtseil. Der Schneedeckenaufbau in diesem Bereich erscheint zunächst stabil, doch schon bald wird es sulzig. Die Sonne kitzelt mit ihren Strahlen den Berg. Wir bewegen uns von nun an vorsichtiger. Einige Seillängen sichern wir uns mit dem Seil. Auch ein paar der mitgebrachten mobilen Sicherungsmittel kommen zum Einsatz.

Von atemberaubenden Tiefblicken begleitet, erreichen wir den Nordwestgrat und freuen uns nach dem kalten Aufstieg über die wärmenden Sonnenstrahlen der Mittagssonne. Nach einer kurzen Rast erreichen wir einen vereisten Abschnitt der eine geübte, präzise Trittsetzung verlangt. Trotz der Vereisung können wir die zahlreichen Stahlstifte als Tritte nutzen und gelangen so ohne die Zuhilfenahme der Steigeisen über eine letzte Steilstufe auf den Gipfel der Alpspitze.

Während des gesamten Aufstiegs und auch am Gipfel sind wir allein und machen im Windschatten einer großen Schneewechte eine ausgeprägte Gipfelrast. Lediglich zwei hungrige Vögel gesellen sich nach einigen Minuten zu uns und fordern frech ihren Anteil an unserer Brotzeit. Dabei fressen sie uns buchstäblich aus der Hand!

Abstieg am Alpspitz-Nordwandsteig

Nach dem obligatorischen Eintrag ins Gipfelbuch machen wir uns an den Abstieg über den Ostrücken. Bei Lawinengefahr sollte man den schneereichen Ostrücken meiden und sich lieber über die Aufstiegsroute abseilen. Dort finden sich mehr als genug solide verankerte Eisenstifte.

Der Schnee ist im Laufe des Tages weich geworden und macht den Abstieg mühsam. Doch auch der Ostrücken liegt bald hinter uns und wir halten uns nun nordwestlich. Unser Ziel ist der sogenannte Nordwandsteig. Dieser Klettersteig verläuft, wie der Name vermuten lässt, entlang der Nordwand der Alpspitze. Zu Beginn klettern wir einige Leitern hinunter, um dann durch eine steile Rinne bis zu den ersten Tunneln abzusteigen.

Nachdem wir diese durchquert haben, wird es etwas heikel. Außerhalb der Tunnel quert im Sommer ein schmaler Pfad die Nordwand – auf der einen Seite geht es fast senkrecht bergauf, auf der anderen steil bergab. Jetzt, im Winter, ist vom Pfad nicht viel zu erkennen. Die dicke Schneedecke stellt uns vor ein echtes Problem, vom Drahtseil ist hier rein gar nichts mehr zu sehen. Da wir nicht für ein Biwak in dieser Höhe ausgerüstet sind, müssen wir die letzte Talfahrt der Seilbahn unbedingt erwischen.

Endspurt zur Alpspitzbahn

Uns bleibt wenig Zeit, im Schnee nach dem Stahlseil zu graben. Sich mit dem eigenen Seil und einigen Zwischensicherungen zu behelfen, ist auch schwierig, denn zuverlässige Fixpunkte lassen sich hier nur schwer finden.

Die Querung der unteren Nordwand-Ausläufer entpuppt sich unter den gegebenen Umständen als nervenaufreibendes Unterfangen. Dank der Steigeisen und einer soliden Fersentechnik können wir jedoch auch diese Hürde erfolgreich meistern. Wir treiben uns gegenseitig an und erreichen die Seilbahnstation schließlich doch noch so zeitig, dass es für ein verdientes Weißbier reicht. Hier erfahren wir schließlich auch, dass seit Tagen niemand mehr den Nordwandsteig begangen hat.

Unser Fazit zur Winterbegehung der Alpspitz-Ferrata

Bei Eis und Schneeauflage ist die hier beschriebene Winterbegehung des Alpspitz-Klettersteiges selbst für erfahrene Bergsteiger eine zwar machbare, aber doch herausfordernde Tour. Der Klettersteig ist bei diesen Bedingungen nicht mit einer Sommerbegehung vergleichbar und sollte daher auch nur von Personen begangen werden, die über ausreichende Erfahrung in hochalpinem Gelände, Lawinenkenntnisse und eine entsprechende Routine bei der Verwendung des entsprechenden Sicherungsmaterials verfügen.

Eckdaten zur Alpspitz-Ferrata

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