Inhalt
- Wofür ist ein 8,6mm Seil ideal?
- Das Edelrid Siskin Eco Dry im Praxistest
- Sichern: Was zählt, wenn’s drauf ankommt
- Im Projekt
- Knoten lösen
- Klettergefühl: fast wie Fliegen
- Sturztest mit dem Edelrid Siskin Eco Dry Kletterseil
- Warum Eco Dry ein echter Pluspunkt ist
- Mein Fazit – Hammer-Seil für ambitionierte Kletterprojekte
Das laut Hersteller „leichteste Einfachseil auf dem Markt“ testen? Da bin ich natürlich gleich dabei! Trotz der Ankündigung bin ich verblüfft, als ich das gute Stück dann in der Hand halte: Das sollen 70 Meter Seil sein? Das Edelrid Siskin Eco Dry Kletterseil ist einfach unfassbar leicht. Mit 8,6 Millimetern ist es ein ultraleichtes, dreifach zertifiziertes Kletterseil für anspruchsvolle Projekte, wenn Gewicht und Performance entscheidend sind. Ich hab das Modell mit 70 Meter bekommen und für euch mit viel Freude beim Sportklettern getestet.
- Gewicht: Nur 48 g/m, aktuell das leichteste Einfachseil auf dem Markt
- Mantelanteil: 38 % für verbesserte Abriebfestigkeit
- Thermo Shield Veredelung für dauerhaft gutes Handling
- Eco Dry Technologie: PFC- und PFAS-freie Imprägnierung, wasser- und schmutzabweisend
- Dreifach zertifiziert als Einfach-, Halb- und Zwillingsseil
- bluesign-zertifiziert: Umweltfreundliche und emissionsarme Produktion
- Verfügbare Längen: 50, 60, 70, 80 und 100 Meter
Wofür ist ein 8,6mm Seil ideal?
Mit nur 8,6 Millimetern Durchmesser ist das Edelrid Siskin Kletterseil konzipiert für anspruchsvolle Durchstiegs-Versuche beim Sportklettern am Limit. Dank Halbseil-Zertifizierung kann das Seil auch beim Eis-, Mixed und Mehrseillängen Klettern zum Einsatz kommen. Egal welche Disziplin, ich freu mich auf den Test an der Wand. Doch schon vorab lässt sich sagen: Mit diesem geringen Durchmesser eignet sich das Seil eher für erfahrene Kletternde und weniger für Einsteiger oder „Vielraster“.

Claire Brangeon
Sind das wirklich 70 Meter Seil? Da ist noch so viel Platz auf der Seilplane!

Claire Brangeon
Der Beweis: 70 Meter beste Performance mit nur 8,6 Millimeter Durchmesser.
Das Edelrid Siskin Eco Dry im Praxistest
Draußen am Fels habe ich das Edelrid Siskin Eco Dry Kletterseil beim Sichern, Projektieren, Stürzen, Knoten lösen und mit Blick auf Klettergefühl und Clippen getestet.
Sichern: Was zählt, wenn’s drauf ankommt
Gerade beim Sichern mit dem GriGri von Petzl, meinem Standard Sicherungsgerät fürs Sportklettern, läuft das Seil erstaunlich weich – fast schon zu weich – durchs Gerät. Die Seilausgabe ist superflüssig, keine Gaswerk-Methode nötig. Das Seil fühlt sich dabei angenehm weich und geschmeidig an.
Einziger Haken: Beim Ablassen läuft das Edelrid Siskin im Test so leicht durchs Gerät, dass es schnell zu einem ruckartigen Nachregeln kommt. Deshalb würde ich die Kombination GriGri + Siskin nicht für Sicherungsanfänger empfehlen.
Mit einem Durchmesser von 8,6 Millimetern bewegt sich das Siskin am untersten Rand der zulässigen Seildurchmesser für das GriGri. Dieses Setup ist mit Vorsicht zu genießen, das merkt man ganz klar.
Mit dem Edelrid Giga Jul sieht das Ganze schon anders aus. Ich habe das Seil damit auch im Halbseilmodus getestet. Sowohl das Sichern als auch das Ablassen funktionieren damit einwandfrei. Doch auch bei diesem Gerät zeigt sich: Das Siskin ist ein Seil für erfahrene Anwender, da es durch die Imprägnierung und den geringen Durchmesser sehr leichtgängig läuft. Das muss man aktiv im Griff haben – Stichwort: Bremshandprinzip!
Auch beim Test mit dem Edelrid Pinch läuft das Siskin Eco Dry Kletterseil sehr rund durch Gerät. Seilausgabe, Sturz halten, alles gut. Doch auch hier gilt: Beim Ablassen ist Feingefühl gefragt. Ein entspannter Familienklettertag mit viel Top-Rope-Klettern und langem Projektieren – das lässt sich mit dem Siskin nicht vereinen.

Claire Brangeon
Beim Handling merkt man schnell: Das Siskin spielt in einer eigenen Liga.

Claire Brangeon
Dünn wie ein Spinnenfaden, aber ebenso belastbar und flexibel: Das Edelrid Siskin im auffälligen Neon-Grün beim Sportklettern.
Für ambitioniertes Sportklettern, bei dem es um den Durchstieg geht, ist das Seil top: leicht, geschmeidig und zuverlässig.
Dagegen ist es für lange Tage mit viel Ausbouldern, häufigem Ablassen und wechselnden Partnern einfach nicht konzipiert.
Die Wahl des Sicherungsgeräts muss durchdacht sein. Besonders mit dem GriGri braucht es beim Ablassen volle Kontrolle und Konzentration. Sicherungsgeräte aus dem dem selben Haus wie das Seil, sind dagegen besser aufeinander abgestimmt.
Und wer eher ein Seil für vielseitigere Einsatzmöglichkeiten und gemischte Klettertage sucht, sollte lieber zu einem Modell wie dem Edelrid Swift Protect Pro Dry greifen (8,9 Millimeter Durchmesser, besonders schnittfest durch Aramid im Mantel).
Im Projekt
Beim langem Rasten, wie es beim Projektieren gerne vorkommt, zeigt sich: Das dünne Seil gibt etwas nach. Hier braucht es eine sichere Bremshand. Das Siskin ist also nichts für unaufmerksame Sicherer. Für klassisches Projektieren mit viel Rasten würde ich eher ein dickeres Seil empfehlen. Aber für harte Onsight- oder Rotpunkt-Versuche? Dafür ist das Siskin absolut perfekt.
Knoten lösen
Dank der Imprägnierung lassen sich sowohl der doppelte Achter als auch der doppelten Bulin superleicht lösen, trotz weiten Stürzen. Voraussetzung: ein ordentlich gesteckter Knoten.
Während des Kletterns verrutscht der Knoten nicht, was bei neuen imprägnierten Seilen sonst schon mal vorkommen kann. Beim Siskin muss der Knoten von Anfang an nicht nachgezogen werden.

Claire Brangeon
Einmal geknüpft bleibt der Knoten an Ort und Stelle.

Claire Brangeon
Mantel und Kern sind durch das Thermo Shield Verfahren kompakt und anhaltend miteinander verbunden.
Klettergefühl: fast wie Fliegen
Jetzt zum eigentlichen Kletterspaß: Das Siskin ist ein Traum beim Klettern. Es fühlt sich sehr leicht, geschmeidig und zugleich verlässlich an. Durch das geringe Gewicht merkt man es kaum beim Clippen. Das Seil liegt sehr gut in der Hand und rutscht nicht aus den Fingern, selbst bei schwierigen Clips.
Für mich fühlt sich das Klettern mit dem Siskin freier und leichter an als mit jedem anderen Seil, das ich bislang genutzt habe.
Sturztest mit dem Edelrid Siskin Eco Dry Kletterseil
Der erste Teststurz aus 15 Metern Höhe und 2 Metern Fallhöhe (10 Kilogramm Gewichtsunterschied) ist absolut unproblematisch. Das Sicherungsgerät greift sofort, der Sturz ist angenehm weich abzufangen. Auch bei Stürzen aus größerer Höhe bleibt das Seilgefühl positiv: weiche Landung, aber nicht unruhig oder ruckartig. Gefühlt ist auch die Seildehnung verhältnismäßig gering. Ich kann damit meine Stürze äußerst gut abschätzen. Absolut super, so dass man beruhigt am Limit klettert kann. Genau so muss ein modernes Performance-Seil reagieren. Doch auch hier gilt: dynamisches Sichern ist absolut notwendig, um entspannte und angenehme Stürze zu gewährleisten, da die Seildehnung gefühlt relativ gering ist.
3D Lap Coiling
Noch ein echtes Highlight: das erste Auspacken. Dank 3D Lap Coiling ist das Seil von Anfang an krangelfrei. Keine nervigen Verdrehungen, kein Entwirren. Für mich als Mrs. Ungeduld ein echtes Geschenk.
Warum Eco Dry ein echter Pluspunkt ist
Das Seil ist, wie es sich für ein Profi-Seil gehört, PFC- und PFAS-frei imprägniert. Dank der Eco Dry Technologie wird die Wasseraufnahme auf unter zwei Prozent reduziert. Damit weist das Seil sogar einen besseren Wert auf, als das von der UIAA geforderte Limit von maximal fünf Prozent. Das schützt nicht nur das Seil, sondern auch die Umwelt: Keine schädlichen Rückstände, keine langlebigen Chemikalien. Perfekt für Mixed- und Eistouren, bei denen feuchte Bedingungen zum Alltag gehören, aber natürlich auch für den erdigen und steinigen Klettergarten oder die spitze, raue und kantige Wand.
Mein Fazit – Hammer-Seil für ambitionierte Kletterprojekte
Kurz und ehrlich:
Das Siskin Eco Dry 8,6 mm ist ein Traum für ambitionierte Sportkletterer mit erfahrenen Sicherungspartnern.
Handling, Seilgefühl und Clippen, einfach top. Wer ernsthaft durchsteigen will, wird dieses Seil lieben. Aber genauso gilt: Das Siskin ist kein Seil für Einsteiger und es erfordert definitiv eine aufmerksame Bremshand. Die Kompatibilität mit dem Sicherungsgerät zu checken, ist Pflicht!
Mir persönlich hat das Siskin das beste Gefühl gegeben, das ich von einem Seil beim Klettern bisher bekommen habe: Freiheit! Denn näher ans Fliegen kommt man nicht heran.
Jetzt freue ich mich schon darauf, das Edelrid Siskin Eco Dry Kletterseil im Winter auch beim Eisklettern zu testen.
Stay tuned!