Inhalt
- Normalweg von der Adlersruhe (340 Höhenmeter, Schwierigkeit bis UIAA II)
- Hüttenzustiege
- Erzherzog Johann-Hütte (3454 m)
- Stüdlhütte (2804 m)
- Infos zur Tourenplanung
- Anreise und Ausgangspunkte
- Ausrüstung für die Großglockner Besteigung
- Kartenmaterial & Hochtouren-Führer
- Relevante Kontakte und Informationsdienste: Hütten, Bergführerbüros, Fahrpläne
- Risiko minimieren
- Nachhaltiges Verhalten am Berg
Der Großglockner ist Österreichs höchster Berg – und seine Besteigung entsprechend begehrt. Stolz und schroff ragt er bis in 3.798 Meter Höhe, als ob er schon qua Form sagen möchte: Ich bin hier der Chef! Dass er der Chef ist, haben schon viele Bergsteiger, die nicht optimal vorbereitet waren und/oder seine Tücken unterschätzt haben, leidvoll erfahren müssen.
Kein Weg ist einfach auf den Großglockner – auch nicht der Normalweg von der Adlersruhe, mit 3.457 Metern die höchstgelegene Hütte Österreichs.
Der Gletscherschwund sorgt hier am sogenannten Glocknerleitl, das hinauf zu den Gipfelfelsen führt, mitunter zu heiklen Bedingungen. Wer sich jedoch sorgfältig vorbereitet, den Wetterbericht gut im Auge behält und sich im Zweifelsfall mit einem Bergführer an den Glockner wagt, darf sich auf unvergessliche Momente freuen – allein die Exponiertheit des Bergs macht ihn zu einer Aussichtswarte sondergleichen.
Der Glockner vereint gleich mehrere Superlative – und steht nicht nur deswegen auf der Wunschliste vieler Alpinisten.
🇦🇹 Höchster Berg Österreichs und der höchste Gipfel östlich der Königsspitze
🔭 Eine der weitesten Fernsichten der Ostalpen
🥾 Facettenreiche Anstiege durch den Nationalpark Hohe Tauern
Auf den Großglockner führen viele Routen – doch nur zwei davon sind auch für “Normalbergsteiger” empfehlenswert: der Normalweg von der Adlersruhe und der technisch schwierigere Stüdlgrat.
Normalweg von der Adlersruhe (340 Höhenmeter, Schwierigkeit bis UIAA II)
Der Anstieg von der Adlersruhe – eine Rückfallkuppe im Südostgrat des Großglockner, auf der die Erzherzog-Johann-Hütte liegt – ist der am häufigsten begangene Weg auf den Großglockner. Er kommt dem Begriff “Normalweg” am nächsten. Doch “normal”, im Sinne einer Norm entsprechend, ist dieser Weg beileibe nicht – der Gletscherschwund macht den Aufstieg besonders an heißen Tagen steinschlaggefährdet und führt an Hochsommertagen zur Ausaperung.

Norbert Kutschera
Beim Aufbruch an der Erzherzog-Johann-Hütte ist das Gelände noch recht zahm.

Norbert Kutschera
Blick kurz nach dem Aufbruch an der Hütte Richtung Glocknerleitl und Kleinglockner. Der Gipfel ist verdeckt.
Zunächst geht von der Hütte technisch einfach über den sogenannten “Bahnhof” zum Glocknerleitl, einem steiler werdenden “Finger” des Kleinglocknerkees, das sein Gesicht – von gutem Trittfirn bis zu Blankeis – stark verändern kann.

Norbert Kutschera
Aufsteilendes Gelände am Glocknerleitl: Hier ist sichere Steigeisentechnik von Vorteil.
Am Übergang zu den Gipfelfelsen beginnen die Sicherungsstangen, die einen nun bis in die Glocknerscharte begleiten, in die von Norden die Pallavicini-Rinne mündet. Nun ist es fast geschafft – doch die Gipfelfelsen haben es noch einmal in sich, leichte Kletterstellen bis UIAA II sind zu bewältigen. Hat man es gut erwischt mit den Verhältnissen, ist man in 1-1,5 Stunden oben. Bei schlechten Verhältnissen (Blankeis) oder viel Betrieb (Stau an engen Stellen) kann sich die Besteigung des Großglockners in die Länge ziehen, das richtige Timing ist (mit)entscheidend.

Norbert Kutschera
Je näher der Gipfel rückt, desto gehobener die Gefühle.

Norbert Kutschera
Sicherungsstangen erleichtern das Fortkommen.
HINWEIS: Kees ist die in Österreich östlich des Brenners vorherrschende Bezeichnung für Gletscher. Vereinzelt findet sich hier auch noch die Bezeichnung Ferner, wie sie weiter (süd)westlich, zum Beispiel in den Ötztaler und Stubaier Alpen sowie in Südtirol, üblich ist. Kees stammt wohl aus dem althochdeutschen chēs für Eis, Frost.
Stüdlgrat
Stüdlgrat – allein das Wort lässt vielen Alpinisten schon das Wasser im Mund zusammenlaufen. Mit Recht, denn der sich über rund 500 Höhenmeter erstreckende Grat hat einiges zu bieten: Abwechslungsreiche Kletterei bis zum Schwierigkeitsgrad UIAA III+, viel Luft unter dem Hintern und gleichzeitig das Gefühl, einen großartigen Berg auf einer ebenso großartigen Route auf’s Haupt zu kraxeln.
Zunächst geht es von der Stüdlhütte zur sogenannten “Schere”, wo das Teischnitzkees betreten wird. In einem Bogen nach Westen wird der Einstieg zum Grat auf etwa 3300 Metern erreicht. Nun erfolgt der Aufstieg mehr oder weniger auf der Grathöhe, Sicherungsmöglichkeiten sind vorhanden, trotzdem hat der Grat auch aufgrund der Ausgesetztheit seine Tücken. Schwindelfrei sollte man in jedem Fall sein, sonst hat der Spaß hier schnell ein Loch.
Achtung: Speziell am Stüdlgrat kommt es an schönen Bergtagen an Schlüsselstellen zu Staus!

Norbert Kutschera
Stau auf dem Weg zum Gipfel – hier auf den letzten Metern des Normalwegs, die es nochmal in sich haben.
Weitere Anstiege zur Besteigung des Großglockners
Der Vollständigkeit halber erwähnen wir noch zwei weitere Anstiege:
a) Den vom über der Pasterze liegenden Glocknerbiwak (3205 m) durch die Pallavicini-Rinne (Eistour, 3+, 55° im Eis). Gute Verhältnisse sind hier im Grunde nur noch im Winter/Frühjahr anzutreffen, wenn es warm wird, ist die Rinne schnell ausgeapert.
b) Über den Nordwestgrat und das Teufelshorn: Von der Stüdlhütte über das Teischnitzkees durch eine Firn- und Felsrinne in die Untere Glocknerscharte (im Eis bis 50°) und über das Teufelshorn und dem Grat auf den Gipfel. Stellen bis IV nach UIAA, meist II-III. Mehrere Abseilstellen!
ACHTUNG: Beide “Alternativanstiege” sind ungleich schwieriger als der Normalweg über die Adlersruhe. Kein einziger Anstieg auf den Glockner ist als “leicht” zu bezeichnen. Die aktuellen Verhältnissen (Firnauflage) entscheiden am Großglockner oft über Erfolg und Misserfolg.
Hüttenzustiege
Das Hüttenangebot um den Großglockner ist umfassend, die zur Verfügung stehenden Hütten befinden sich in unterschiedlichen Höhenlagen. Die Planung einer Großglockner-Besteigung besteht, wie bei anderen Bergen dieser Größenordnung auch, zu einem Gutteil aus Taktik. Die Beantwortung zweier Fragen hilft bei der Planung:
- Was traue ich mir an Höhenmetern zu? Eine Tagesleistung von 1000 Höhenmeter ist für durchschnittlich trainierte Alpinisten bereits viel – erst recht mit Gepäck.
- Bin ich gut akklimatisiert? Der Gipfel des Großglockner liegt mit knapp 3800 Metern bereits in einer Höhenlage, auf die man sich, wenn höhere Dreitausender nicht gerade zum “täglich Brot” gehören, vorbereiten sollte.
Erzherzog Johann-Hütte (3454 m)
Aufgrund ihrer enormen Höhe gibt es eine Vielzahl von Routen auf die Adlersruhe, auf der die Erzherzog Johann-Hütte steht. Auf der Website der Hütte selbst sind vier Anstiege aufgelistet:
a) Alter Kalser Weg: Vom Lucknerhaus (Parkplatz) über die Stüdlhütte (5 Stunden, ca. 1540 Höhenmeter), Konditionsstarke können auch den direkten Weg entlang der “Langen Wand” nehmen.
b) Mürztalersteig: Vom Lucknerhaus über die Burgwartscharte (4 Stunden)
c) Weg der Erstbesteiger: Vom Glocknerhaus über die Salmhütte und die Burgwartscharte (6 Stunden)
d) Meletzkigrat: (6,5 Stunden)

Norbert Kutschera
Die Salmhütte stellt ein willkommenes Etappenziel auf dem Weg zum Gipfel dar.
Stüdlhütte (2804 m)
Die Stüdlhütte ist das “Basecamp” für den gleichnamigen Grat, dient jedoch auch als Ausgangspunkt für den Normalweg über die Adlersruhe. Erreichbar ist sie vom Lucknerhaus (Parkplatz) in 2,5 bis 3 Stunden (knapp 900 Höhenmeter). Wer Zeit hat, kann auch beim Taurerwirt starten und durch das Teischnitztal aufsteigen (4 Stunden, gut 1300 Höhenmeter)
Infos zur Tourenplanung
Der Großglockner ist, wie der Name schon sagt, ein groß(artig)er Berg. Jeder Alpinist will einmal oben gestanden haben auf dem höchsten Österreicher. Der Tiefblick auf die Pasterze und der Fernblick über große Teile der Ostalpen ist unvergesslich.
Hat man dann noch ein glückliches Händchen mit dem Timing, schätzt die eigene und die Kondition der Bergkameraden richtig ein und – das ist im Falle des Großglockner womöglich das Wichtigste – zeigt keinen falschen Ehrgeiz, steht einem erfolgreichen Bergtag nichts im Wege.
Dass Touren auf den Glockner nicht nur gewaltig schön sein, sondern auch gewaltig schief gehen können, zeigt ein Blick auf die Statistiken der Bergrettungen Kals und Heiligenblut. Im Grunde vergeht kein Jahr, in dem am Großglockner nicht ein schweres Unglück passiert. Es ist müßig und unpassend, an dieser Stelle darüber zu referieren. Nur soviel sei gesagt:
Die meisten Unglücke ließen sich vermeiden, wenn Wetterwarnungen beachtet werden und der Ehrgeiz, “dass man ihn doch schaffen muss”, hintangestellt werden würde.
An dieser Stelle erneut der gut gemeinte Hinweis, dass für einen Berg wie den Großglockner sicheres Gehen im Hochgebirge mit sicherem Beherrschen des dritten Grades (im Falle des Normalwegs von der Adlersruhe, zweiten Grades) nach UIAA im Vorstieg inklusive Schwindelfreiheit und sicherem Beherrschen der Steigeisentechnik unabdingbar sind. Die Zustiege und damit auch die objektiven Gefahren verändern sich durch den Gletscherrückgang von Jahr zu Jahr. Man sollte sich daher vor der Tour über die Verhältnisse informieren (Alpine Auskunft). An allen Anstiegen ist mit Steinschlag zu rechnen.
Anreise und Ausgangspunkte
- Kals (1324 m) im gleichnamigen Tal, einem Seitental des Iseltals. Anfahrt von München über den Felbertauerntunnel (ca. 3h). Mit öffentlichen Verkehrsmitteln per Zug nach Kitzbühel, von dort Expressbus 950X nach Huben und kurze abschließende Busfahrt nach Kals.
- Heiligenblut (1363) bzw. Franz-Josefs-Haus im obersten Mölltal. Anfahrt von München über Großglockner-Hochalpenstraße oder über Felbertauerntunnel nach Lienz und über den Iselsbergpass (jeweils ca. 3,5-4 Stunden).
Ausrüstung für die Großglockner Besteigung
Egal welcher Anstieg, bei der Großglockner Besteigung benötigt man eine komplette Gletscherausrüstung (Seil, Gurt, Steigeisen, Sicherungsmaterial). Ein Kletterhelm ist für alle Routen obligatorisch. Wer sich kurzfristig über die Verhältnisse informieren möchte, kann dies bei der Alpinen Auskunft des DAV unter der 0049(0)89294940, beim Hüttenpersonal oder den Bergführern in Kals oder Heiligenblut tun.
🎒 Nutze unserer Packliste für Hochtouren, um bei Deiner Großglockner Besteigung nichts wichtiges zu vergessen.
Kartenmaterial & Hochtouren-Führer
Neben den einschlägigen Online-Diensten wie Outdooractive und dem darauf basierenden alpenvereinaktiv (gibt es als mit aktuellen Informationen unterfütterte App!) empfehlen wir folgendes Karten- und Führermaterial:
- AV-Karte 40 Großglockner
Relevante Kontakte und Informationsdienste: Hütten, Bergführerbüros, Fahrpläne
- Stüdlhütte: +43 4876 8209
- Erzherzog-Johann-Hütte: +43 4876 8500
- Salmhütte: +43 4824 2089
- Lucknerhaus: +43 4876 8555
- Glorer Hütte: +43 677 61182853
- Bergführer Kals: +43 664 4161289 / info@bergfuehrer-kals.at
- Bergführer Heiligenblut: +43 541320366
- Alpine Auskunft des ÖAV: 0043-512-58 78 28
- Fahrplanassistent ÖBB Scotty – ÖBB
- Sehr nützlich ist auch die VVT-Smart Ride-App
Risiko minimieren
- Verhalten im Notfall: Europaweiter Notruf 112; Alpiner Notruf Österreich (aus dem Inland): 140
- W-Fragen: Wo ist es passiert? Was ist passiert? Wie viele Personen sind betroffen? Welche Art von Verletzungen liegen vor? Warten auf Rückfragen!
- PAKET-Maßnahmenschema (Johanniter Unfallhilfe): Person ansprechbar? Atmung vorhanden? Korrekter Notruf abgesetzt? Eigenwärme erhalten? Trösten!
Nachhaltiges Verhalten am Berg
Drei Denkanstöße zum Thema Nachhaltiges Verhalten am Berg:
🚆 Die Anreise per Auto lässt sich oft durch eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ersetzen. Auch inneralpine Destinationen sind mit den Öffis oft besser erreichbar, als man denkt.
🚿 Duschen haben auf vielen Berghütten Einzug gefunden. Das bedeutet allerdings noch lange nicht, dass eine Nutzungspflicht besteht! Speziell in der Hochsaison herrscht auch im Hochgebirge oft Wassermangel. Wasser sparen gehört in den Bergen zum Pflichtprogramm!
🚯 Müll sammeln & vermeiden: Leider sieht man in den Bergen auch nach jahrzehntelanger “Müllerziehung” noch Plastikfetzen, Teile von Trekkingstecken, Sohlenteile und anderen Müll herumliegen. Wer der Umwelt einen Gefallen tun will, steckt den Unrat einfach ein und entsorgt ihn im Tal. Vorbildliche Berg-Besucher verzichten auf Plastikverpackungen und nehmen ihren Proviant in der Brotzeitdose oder anderen wiederverwendbaren Behältnissen mit.
👉 Mehr dazu: Müll vermeiden beim Outdoorsport: 11 praktische Tipps