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Über die Alpen mit Bergzeit

Die Bergzeit Alpenüberquerung vom Spitzingsee nach Sterzing

15 Minuten Lesezeit
Durch tiefe Schluchten, über aussichtsreiche Gratwege, vorbei an Bergseen und schneebedeckten Dreitausendern führt die Bergzeit Alpenüberquerung. Unser Autor Thomas nimmt Dich mit auf die neue Bergzeit Route - und berichtet von Hütten, Highlights, Höhen und Tiefen der Tour.

Hinweis: Dieser Tourenbericht ist im Sommer 2022 entstanden und kann nach wie vor so durchgeführt werden. Bei der Alpenüberquerung mit Guide wurde der Routenverlauf jedoch etwas angepasst. Hier findest Du die genaue Beschreibung der geführten Alpenüberquerung und den Link zur Buchung.

Karte zur Bergzeit Alpenüberqerung

Auf der interaktiven Karte kannst Du Dir die Highlights auf der Bergzeit Alpenüberquerung anschauen:

Die Etappen im Überblick

EtappeHöhenmeterGehstreckeGehzeitRoutenverlaufUnterkunftBesondere Hinweise & Verkehrsmittel-Unterstützung
1. Spitzingsee - Kaiserhaus300 hoch
680 runter
20 Kilometer6 StundenSpitzingsee - Valepp - Kaiserklamm - KaiserhausGasthaus KaiserhausAnreise bis Schliersee und weiter mit Bus zum Spitzingsee;
Beachte: Das Kaiserhaus ist die einzige Übernachtungsmöglichkeit auf dieser Etappe (wenn man nicht noch 2-3 Stunden anhängen möchte)
2. Kaiserhaus - Kramsach200 hoch
380 runter
15 Kilometer4,5 StundenKaiserhaus - Brandenberger Tal - Tiefenbachklamm - Kramsach im InntalHotels, Pensionen oder Gasthäuser in Kramsach (Inntal) oder in Fügen (Zillertal)evtl. gleich weiter bis Fügen mit Transfer und dort übernachten; bei der geführten Tour entfällt diese Etappe und es gibt bereits an Tag 1 einen Transfer mit dem Taxi vom Kaiserhaus nach Fügen
3. Kramsach bzw. Fügen - Hochfügen650 hoch
1.010 runter
12 Kilometer4,5 StundenFügen (Spieljochbahn) - Spieljoch - Gartalm - Loassattel - HochfügenHotels, Pensionen oder Gasthäuser in HochfügenTransfer von Kramsach durch das Inntal nach Fügen mit Bus und Zillertalbahn;
mit der Bergbahn von Fügen auf das Spieljoch
4. Hochfügen - Mayrhofen950 hoch
500 runter
11 Kilometer5 StundenHochfügen - Sidanjoch - Rastkogelhütte - Mitterwandskopf - MelchbodenHotels, Pensionen oder Gasthäuser in MayrhofenAb Melchboden an der Zillertaler Höhenstraße mit Linienbus nach Mayrhofen
5. Mayrhofen - St. Jakob im Pfitschtal500 hoch
800 runter
13 Kilometer4,5 StundenSchlegeisspeicher - Pfitscher Joch - Pfitscherjochhaus - St. JakobHotels, Pensionen oder Gasthäuser im Pfitschtal, z.B. in St. JakobMit dem Linienbus von Mayrhofen zum Schlegeisspeicher zum Start der Wanderung;
das Ende der Etappe im Pfitschtal kann mit dem Bus variiert werden
6. St. Jakob - Sterzing150 hoch
600 runter
20 Kilometer5,5 StundenDurch das Pfitschtal bis Sterzingin Sterzing oder direkt Rückfahrt ohne weitere ÜbernachtungRückfahrt von Sterzing mit dem Zug über den Brennerpass und Innsbruck nach München

Anforderungen & Schwierigkeit

  • Kondition: ausreichend Kondition für Aufstiege bis zu max. 1.000 Hm und für Tagesetappen von sechs bis sieben Stunden
  • Wegbeschaffenheit: leichte bis mittelschwere Bergwege
  • Trittsicherheit und Schwindelfreiheit werden grundsätzlich vorausgesetzt, da sich Wege durch Witterungseinflüsse immer mal verändern können
  • Der seilversicherte Abstieg am Grat vom Kellerjoch kann umgangen werden. Hier kann man auf gemütlichem Höhenweg direkt zum Alpengasthof Loas wandern

Tipps zur Tourenplanung

  • Start/Ziel: Spitzingsee – Sterzing in Südtirol
  • Länge: ca. 90 Kilometer (reine Gehstrecke), verteilt auf sechs Tagesetappen
  • Beste Zeit: Mitte Juni bis September (Hinweise: Um den 25. August kommt es meist zum Wetterumschwung mit Schnee bis in tiefere Lagen. Also Wetterbericht verfolgen und falls der Termin fixiert ist, evtl. einen Reservetag einplanen.)
  • Etappenplanung: Wähle den täglichen Startzeitpunkt so, dass Du Dein Etappenziel auch bei Verzögerungen erreichst. Prüfe dazu täglich den Wetterbericht! Solltest Du doch ausweichen müssen und Dein Etappenziel nicht erreichen, informiere unbedingt die Unterkunft. Die Betreiber wird es freuen und ein evtl. Ausrücken der Bergrettung kann vermieden werden.
  • Nutzung des ÖPNV: Bei der Bergzeit Alpenüberquerung werden Bus und Bahn genutzt, wo es sinnvoll ist – zum Beispiel bei der Durchquerung des Inntals oder von Mayrhofen zum Etappenstart am Schlegeisspeichersee.
  • Übernachtung: Auf der Bergzeit Route übernachtest Du im Tal, nicht auf Hütten. Reservierungen der Unterkünfte sind unbedingt empfehlenswert. Speziell im Kaiserhaus (Etappe 1), wo es keine Alternative auf der Strecke gibt.
  • Anreise/Rückfahrt: Mit der Bayrischen Oberlandbahn (BOB) ab München bis Neuhaus Bahnhof und weiter mit dem RVO-Bus 9562 zum Spitzingsee; Rückfahrt mit dem Zug von Sterzing nach München (über Brennerpass und Innsbruck).
  • Wanderkarten: DAV-Karten, M 1:25.000, in der Reihenfolge der Route: BY 15 | BY 14 | Kitzbüheler Alpen, Blatt 34/1 | Tuxer Alpen, Blatt 33 | Zillertaler Alpen West, Blatt 35/1 | Brennerberge, Blatt 31/3
  • Empfehlungen zur Ausrüstung: Wanderschuhe der Kategorie B (gute Geher können auch mit entsprechenden Schuhen ohne Schaft unterwegs sein, müssen bei eventuellem Schneefall jedoch ggf. nasse Füße in Kauf nehmen); atmungsaktive, den Witterungsverhältnissen angepasste Bekleidung, Sonnenschutz und Rucksackapotheke
  • Eine vollständige Liste findest Du in unserer Packliste Alpenüberquerung zu Fuß.

Die Bergzeit Alpenüberquerung als geführte Tour buchen

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Tag 1: Vom Spitzingsee zum Kaiserhaus

Wolken ziehen über den Spitzingsattel herein, als ich mich an einem Mittag im August bereit mache für dieses neue Abenteuer. Hier geht sie also los, die Bergzeit Alpenüberquerung: am Spitzingsee, auf dem gerade einige Enten auf kleinen Wellen im kühlen Wind schaukeln. Es liegt diese gespannte Erwartung in der Luft, die ich immer verspüre, wenn ich auf größere Unternehmungen starte: Wie wird das Wetter, wie komme ich voran, sitzt die Ausrüstung gut und habe ich alles Nötige dabei?

Los geht's! Die Bergzeit Alpenüberquerung beginnt am Spitzingsee und verspricht sechs abwechslungsreiche Tage in den Bergen.

Thomas Herdieckerhoff

Los geht’s! Die Bergzeit Alpenüberquerung beginnt am Spitzingsee und verspricht sechs abwechslungsreiche Tage in den Bergen.


Durch die Valepp

Los geht’s, dem Trubel der Münchener Tagestouristen entfliehen, immer Richtung Süden. Zunächst starte ich noch auf Asphalt entlang des Bachlaufes der Roten Valepp abwärts, kann aber schon an der Weißenburger Hütte auf einen Wanderweg wechseln. Relativ flach geht es dahin durch lichten Wald – es ist ein Eingehen, ein Aufwärmen für eine lange Tour die mich über den Alpenhauptkamm führen soll. Wenn ich die flachen, bewaldeten Hügel der Bayerischen Voralpen anschaue, kann ich mir kaum vorstellen, dass ich in vier Tagen zu Fuß eine Arena von Dreitausendern im Zillertal erreichen und in sechs Tagen bei einem Espresso im italienischen Sterzing sitzen soll. Ich streife durch Felder von Huflattich, über Almwiesen mit Kühen und erreiche einen kleinen Wasserfall, an dem ich meine Trinkflasche fülle und meinen Durst stille.

Die Rote Valepp: mal reißender ...

Thomas Herdieckerhoff

Die Rote Valepp: mal reißender …


Die Rote Valepp: mal reißender ...

Thomas Herdieckerhoff

… mal mit sanften Windungen.


Nach dem Forsthaus Valepp überschreite ich die Österreichische Grenze und es wird mit einem Mal deutlich abgeschiedener. Der Pfad schlängelt sich durch grüne Tunnel und an steilen Hängen entlang – bei Lücken im Wald ergeben sich schöne Tiefblicke in die Schlucht, die die Brandenberger Ache hier gegraben hat. Jetzt steiler führt mich der Weg hinunter an den Grund. Als der Fluss erreicht ist, lege ich eine kurze Snackpause am Ufer ein.

Tief blickt man hier in die Schlucht der Brandenberger Ache ...

Thomas Herdieckerhoff

Tief blickt man hier in die Schlucht der Brandenberger Ache …


Tief blickt man hier in die Schlucht der Brandenberger Ache ...

Thomas Herdieckerhoff

… bevor man selbst hinabsteigt – ein idealer Platz für eine Snackpause.


Rast an der Erzherzog-Johann-Klause

Durch die Schlucht am Fluss entlang geht es weiter, bis ich die Erzherzog-Johann-Klause erreiche. Hier gönne ich mir eine frische Heidelbeer-Buttermilch und entspanne in einer Hängematte hinter dem Gasthof. Dieser wäre zwar ein gutes Etappenziel, aber bei einem Plausch mit dem Hüttenwart ergibt sich, dass die Erzherzog-Johann-Klause wegen Brandschutzbestimmungen seit einigen Jahren keine Übernachtungsgäste mehr aufnehmen darf. So ist die erste erreichbare Unterkunft auf dieser Alpenüberquerung das Kaiserhaus. Damit ist die erste Etappe fast 20 Kilometer lang – wegen des einfachen Weges und der geringen Höhenmeter ist das aber gut machbar.

Weiter geht es auf einem Forstweg. Schnellen Schrittes geht es leicht bergab zügig voran. Das ist das Schöne, wenn man alleine unterwegs ist: Man kann seinen eigenen Rhythmus finden, auch mal spontan aufs Gas drücken. Ein paar Zwischenstücke des Weges ziehen sich heute, aber so ist das eben bei einer Alpenüberquerung. Zwischen den Bergen liegen nun mal Täler und auch die muss durchlaufen, wer nach Italien kommen will.

Etappen-Highlight: Die Kaiserklamm

Dafür kommt zum Schluss des Tages noch ein absolutes Highlight. Bei einer Weggabelung biege ich nach links auf den Kaiserklammpfad ab. Dieser führt mich auf befestigten Wegen an der Steilwand entlang in die Klamm. Sogar kurze Tunnel wurden in den Fels gesprengt, wo die senkrechten Felswände keine andere Möglichkeit des Vorankommens erlauben. Unten sieht man mal türkises, mal aufgeschäumtes, weißes Wasser dahinfließen und kann sich kaum vorstellen, wie sich das Wasser so tief in den Fels eingegraben hat. Kein Wunder, dass schon Kaiser Franz Joseph I. diesen Ort so beeindruckend fand, dass er regelmäßig hierher kam, um die Holztrift zu beobachten, also das Hinunterspülen von Baumstämmen durch die Klamm als Transportweg ins Tal. Zur Auflösung von Staus der vielen Baumstämme wurde übrigens auch dieser aufwendige Pfad angelegt. Ein tolles Etappenende!

An der Gabelung biegen wir zur Kaiserklamm ab.

Thomas Herdieckerhoff

An der Gabelung biegen wir zur Kaiserklamm ab.


An der Gabelung biegen wir zur Kaiserklamm ab.

Thomas Herdieckerhoff

Am Beginn der Klamm geht man auf einem befestigten Steig.


Mit Sissi im Kaiserhaus

Das Ziel der ersten Etappe ist das Kaiserhaus - hier haben schon Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Sissi übernachtet.

Thomas Herdieckerhoff

Das Ziel der ersten Etappe ist das Kaiserhaus – hier haben schon Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Sissi übernachtet.


Kurz nachdem ich die Schlucht verlassen habe, erreiche ich das Kaiserhaus – nach dem lauten Rauschen der Klamm eine Oase der Ruhe. Froh, dass ich es noch rechtzeitig zum Abendessen geschafft habe, genieße ich die letzten Sonnenstrahlen im Biergarten vor dem Haus. Später sitze ich bei einem Radler im Gasthof, als die Hüttenwirtin am Tisch nebenan mit den einzigen anderen Übernachtungsgästen spricht und auf mich zeigt: „Er hatte Glück und hat das Sissi-Zimmer bekommen.“ Habe ich das richtig verstanden? Ich frage nach und tatsächlich: Der Kaiser kam hier regelmäßig mit Sissi für die Holztrift sowie zum Jagen her und ich schlafe heute Nacht im originalen Bett, in dem die Kaiserin bei ihren Besuchen geschlafen hat. Schon ziemlich cool! In Sissis Bett liegt es sich bequem, besonders nach dieser langen ersten Etappe schlafe ich tief und fest.

Tag 2: Vom Kaiserhaus nach Kramsach im Inntal

Über Wald- und Wiesenwege führt mich der Weg heute zurück in die Zivilisation. Nachdem ich gestern den ganzen Tag in der wilden Natur war, tauchen heute bald Bauernhöfe und kleine Dörfer am Wegesrand auf. Nach der Jausenstation Tiefenbachklamm kommt aber schon das Naturschauspiel der heutigen Etappe.

Etappen-Highlight: Die Tiefenbachklamm

Über Brücken immer wieder die Bachseite wechselnd laufe ich durch die Tiefenbachklamm. Immer wieder bleibe ich auf den Plattformen oder in der Mitte einer Brücke stehen und blicke nach unten. Dort sehe ich das Wasser über glatt geriebene Felsen und durch ausgespülte Gumpen sprudeln, die über Jahrtausende der Erosion geschaffen wurden.

Am zweiten Tag der Bergzeit Alpenüberquerung führt der Weg durch die Tiefenbachklamm.

Thomas Herdieckerhoff

Am zweiten Tag der Bergzeit Alpenüberquerung führt der Weg durch die Tiefenbachklamm.


Am zweiten Tag der Bergzeit Alpenüberquerung führt der Weg durch die Tiefenbachklamm.

Thomas Herdieckerhoff

Am Wegesrand gibt es einiges zu entdecken.


Nach dem Verlassen der Schlucht beschleunige ich meinen Schritt, denn leichter Regen setzt ein. Jetzt einfach die letzten Kilometer an der Straße entlang schnell hinter mich bringen, denke ich mir, und ziehe nicht mal eine Regenjacke über. Auch das gehört bei Mehrtagestouren dazu: nicht bei jedem Wegabschnitt ist die Motivation am Maximum, aber dafür warten dann wieder Abschnitte auf einen, die richtig erfüllend sind. Man muss diese kleinen Tiefs einfach ruhig überwinden und einen Fuß vor den anderen setzen. Erleichtert erreiche ich die ersten Häuser von Kramsach, ich bin im Inntal angekommen. Dort checke ich ins Hotel Sonnenuhr ein und gehe noch eine Pizza im Ort essen.

Tag 3: Durch das Inntal und von Fügen nach Hochfügen

Ab heute werde ich nicht mehr alleine unterwegs sein. Ich freue mich auf die Gesellschaft von meinem Kumpel Valentin, der ab hier mit dem Zug von Innsbruck aus dazu stößt. Der Wetterbericht lässt nichts Gutes ahnen und so zögern wir den Aufbruch etwas hinaus, in der Hoffnung, dass es später am Tag etwas auflockert. Am frühen Nachmittag treffen wir uns an der Spieljochbahn in Fügen, die man auf verschiedenen Wegen von Kramsach mit dem Bus und Umsteigen in die Zillertalbahn erreichen kann.

Vom Spieljoch geht es am dritten Tag der Bergzeit Alpenüberquerung über das Kellerjoch nach Hochfügen.

Thomas Herdieckerhoff

Vom Spieljoch geht es am dritten Tag der Bergzeit Alpenüberquerung über das Kellerjoch nach Hochfügen.


Oben am Spieljoch (1.850 Meter) angekommen ist es immer noch trüb und dicht bewölkt. Wir starten trotzdem. Schon bald sind wir in die Wolken aufgestiegen und folgen mit fünf Metern Sicht dem Bergpfad. Ein für August ungewöhnlich kalter Wind weht uns entgegen, da hilft nur die schnelle Flucht nach vorne, immer in Bewegung, um warm zu bleiben. Doch als wir nach einer Querung den Aufstieg in Richtung des Gipfels beginnen, brechen die Wolken nach und nach auf. Die ersten Sonnenstrahlen wärmen uns und atemberaubende Aussichten auf das gesamte Inntal eröffnen sich. Da haben wir wohl alles richtig gemacht.

Etappen-Highlight: Das Kellerjoch (2.343 Meter)

Beschwingt von diesem grandiosen Wetterumschwung nehmen wir die letzten Meter zum Kellerjoch in Angriff. Wie einen doch das Bergpanorama motivieren und den verloren geglaubten Elan wieder zurück bringen kann! Den Kellerjoch-Gipfel ziert eine Kapelle. High Five und ein Snack sind jetzt angesagt, während die Wolken um uns wabern. Entlang des Grates blickend, entdecken wir auch die Kellerjochhütte, unser nächstes Ziel. Sie liegt etwas unterhalb, auf 2.200 Metern Höhe.

Der Kellerjoch-Gipfel wird von einer Holzkapelle geziert. Er ist mit 2.343 Metern der höchste Punkt der Alpenüberquerung.

Thomas Herdieckerhoff

Der Kellerjoch-Gipfel wird von einer Holzkapelle geziert. Er ist mit 2.343 Metern der höchste Punkt der Alpenüberquerung.


Der 20-minütige Abstieg am Grat ist der technisch „schwierigste“ Teil der Alpenüberquerung, aber trotzdem wirklich leicht zu meistern, mit nur ein paar Metern, an denen der Steig durch Drahtseil versichert wurde. Kurz vor der Hütte wundern wir uns über einen komplett abgebrannten Schuppen, in dem noch angekohlte Säcke und Fässer stehen. In der Hütte erfahren wir, dass hier erst vor wenigen Tagen bei einem starken Gewitter ein Blitz eingeschlagen hat, wodurch die Vorratshütte komplett zerstört wurde und abgebrannt ist.

Der seilversicherte Abstieg vom Kellerjoch ist für trittsichere Wanderer gut zu meistern.

Thomas Herdieckerhoff

Der seilversicherte Abstieg vom Kellerjoch ist für trittsichere Wanderer gut zu meistern.


Einkehr in der Kellerjochhütte

Wir stärken uns in der gemütlichen, warmen Kellerjochhütte mit einem Apfelstrudel. Wer will kann auch auf dieser super gelegenen Berghütte übernachten und dafür am nächsten Tag eine etwas längere Etappe in Kauf nehmen. Wir entschließen uns aber, noch ins Tal nach Hochfügen (1.450 Meter) abzusteigen.

Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir den Gipfel des Kuhmessers und beobachten von dort ein faszinierendes Schauspiel. Immer wieder brechen die Strahlen der Abendsonne durch die Wolken und lassen die grünen Wiesen und den Wasserlauf des Inns im Tal erleuchten. In der Dämmerung steigen wir ins Tal ab und erreichen in der Dunkelheit das Berghotel Hochfügen, wo uns das nette Personal trotz später Stunde sogar noch ein Abendessen aufbewahrt hat.

Das Panorama am Kellerjoch motiviert uns gleich doppelt für die kommenden Etappen.

Thomas Herdieckerhoff

Das Panorama am Kellerjoch motiviert uns gleich doppelt für die kommenden Etappen.


Das Panorama am Kellerjoch motiviert uns gleich doppelt für die kommenden Etappen.

Thomas Herdieckerhoff

Die Kellerjochhütte liegt exponiert etwas unterhalb des Kellerjochs auf 2.200 Metern.


Tag 4: Über dem Zillertal nach Mayrhofen

Als wir morgens aufwachen und es draußen regnen und winden sehen, drehen wir uns gleich nochmal auf die andere Seite – bei so einem Wetter haben wir keine Lust zu starten. Schließlich bewegen wir uns gemütlich zum Frühstück und sehen, wie die letzten Wanderer gerade in quietschbunter Regenmontur aus der Hotellobby aufbrechen. Entspannt warten wir noch eine Weile, bevor wir uns bei nun leichterem Regen auf den Weg machen.

Auf das Sidanjoch (2.130 Meter)

Sanft ansteigend folgen wir einem Tal, das uns zum Anstieg auf das Sidanjoch führt. Das Warten hat sich gelohnt, der Regen lässt nach und um uns herum zeigt sich immer mehr von diesem Tal, dessen Vegetation nun bei Nässe in besonders saftigem Grün zu leuchten scheint. Als wir den steileren Teil des Anstiegs zum Sattel erreichen, kommt sogar die Sonne durch. An der kleinen Pfundsalm vorbei steigen wir auf und sind gut gelaunt, dass uns das Wetter scheinbar nicht so übel mitspielt wie zunächst erwartet.

Doch so rosig ist es dann doch nicht. Oben am Sidanjoch angekommen, wird uns der erste Blick auf die höheren Zillertaler Alpen nicht vergönnt – wir stehen voll in der Suppe und ein kalter Wind bewegt uns nach einem Müsliriegel zum schnellen Weitergehen. Durch mystische Nebelschwaden folgen wir dem Pfad abwärts, bis die Schleier der Rastkogelhütte (2.110 Meter) sich abzeichnen.

Sanft steigt der Weg zum Sidanjoch an.

Thomas Herdieckerhoff

Sanft steigt der Weg zum Sidanjoch an.


Sanft steigt der Weg zum Sidanjoch an.

Thomas Herdieckerhoff

Die Rastkogelhütte lag an diesem Tag in mystischen Nebelschwaden.


Etappen-Highlight: Spektakuläre Zillertaler Bergwelt

Was ist bei so einem Sauwetter die beste Medizin? Na klar: Eine heiße Schokolade in der eingeheizten Hütte. Aufgewärmt machen wir uns dann an den Aufstieg zum Kreuzjoch. Der folgende Abschnitt am Grat auf einem gewundenen Pfad über mehrere Gipfel und an kleinen Bergseen und Tümpeln vorbei, gehört sicher zu den landschaftlichen Höhepunkten der Tour. Auch die sich ständig verändernden Wolken unter uns tragen dazu bei, dass wir das Tal vergessen und die spektakuläre Bergwelt noch mehr genießen.

Der Pfad zum Kreuzjoch führt an mehreren kleinen Bergseen und Tümpeln vorbei.

Thomas Herdieckerhoff

Der Pfad zum Kreuzjoch führt an mehreren kleinen Bergseen und Tümpeln vorbei.


Ab dem Rauhenkopf geht es abwärts. Als wir wieder in kühlen Nebel eintauchen, sind wir froh, dass wir ab der Zillertaler Hochalpenstraße einen Bus ins Tal nehmen können. Als wir uns der Straße nähern, sehen wir gerade einen Bus dort stehen und rennen die letzten Meter, sodass wir ihn gerade noch erwischen. Im Bus erkennen wir die Leute wieder, die heute über zwei Stunden vor uns aufgebrochen sind. Sie erkennen uns auch und fragen, wie es uns ergangen ist. Sie selbst sind durchnässt und den meisten Teil des Weges im Nebel ohne jede Sicht gelaufen.

Da die Etappen der Alpenüberquerung für den fitten Wanderer leicht in weniger als einem vollen Tagesmarsch zu absolvieren sind, empfiehlt es sich manchmal, dem Wetter angepasst die erste oder zweite Tageshälfte für die Etappenwanderung zu wählen. Damit bleibt genug Zeit, um auch mal schlechtes Wetter abzuwarten. In Mayrhofen gibt es zum erfolgreichen Tagesabschluss noch ein leckeres Thai Curry.

Tag 5: Über den Alpenhauptkamm ins Pfitschtal (Südtirol)

Heute beginnt unsere Etappe mit einer Busfahrt vom tief gelegenen Zillertal bis weit hinauf zum Schlegeisspeichersee auf 1.750 Metern Höhe. Auch heute kann man das Wetter wieder bestenfalls als stimmungsvoll bezeichnen. Das verleiht diesem See mit seiner satt türkisen Farbe und der Landschaft darum herum jedoch eine besondere Atmosphäre. Außerdem ist es noch trocken, also nicht beschweren und auf geht’s!

Am türkisen Schlegeisspeichersee beginnt die Königsetappe der Bergzeit Alpenüberquerung.

Thomas Herdieckerhoff

Am türkisen Schlegeisspeichersee beginnt die Königsetappe der Bergzeit Alpenüberquerung.


Etappen-Highlight: Über das Pfitscher Joch (2.246 Meter)

Wenn ich daran denke, dass wir gleich Italien erreichen, kommen schon die mediterranen Gefühle im Kopf auf. Ich stelle mir vor, wie mich beim Grenzübertritt die warmen Sonnenstrahlen treffen und ich bei klarem Blick am Horizont schon das Mittelmeer schimmern sehen kann. Zurück in der Realität steigen wir aber erstmal zwischen großen, mit Flechten bewachsenen Felsbrocken entlang eines Bergbachs auf. Der Weg hinauf zum Pfitscher Joch wird auch gerne von Mountainbikern als Übergang des Alpenhauptkamms genutzt, er ist also nicht besonders steil.

Hin und wieder geben die Wolken den Blick auf einen der umliegenden Dreitausender wie den Schrammacher (3.410 Meter) und den Olperer (3.476 Meter) frei und wir sehen, dass diese im oberen Bereich tatsächlich mit Neuschnee angezuckert sind – und das Ende August. Plötzlich stehen einige Kühe vor uns auf dem Weg. Wir machen einen großzügigen Bogen um sie herum, aber sie erscheinen relativ sprunghaft und unruhig. Als wir uns umdrehen, bemerken wir, dass uns zwei Jungtiere im Trab verfolgen. Wir laufen los und fühlen uns erst wieder sicher, als wir 100 Meter Abstand gewonnen haben.

Wenig später haben wir es zum Pfitscher Joch geschafft und überschreiten beschwingt die Grenze nach Italien. Der Blick ins Pfitschtal ist wirklich grandios, wenn es auch nicht so sonnig und warm ist wie in meinen mediterranen Vorstellungen. Nach einem Mittagessen im Pfitscherjoch-Haus (2.275 Meter) machen wir uns an den Abstieg.

Hinauf zum Pfitscher Joch geht es vorbei an großen Felsbrocken, die mit Flechten überwachsen sind.

Thomas Herdieckerhoff

Hinauf zum Pfitscher Joch geht es vorbei an großen Felsbrocken, die mit Flechten überwachsen sind.


Hinauf zum Pfitscher Joch geht es vorbei an großen Felsbrocken, die mit Flechten überwachsen sind.

Thomas Herdieckerhoff

Hurraa! Am Pfitscher Joch erreichen wir endlich die Grenze zu Südtirol.


Auf aussichtsreichen Pfaden steigen wir hinab ins Pfitschtal und freuen uns, dass wir die Etappe wettertechnisch wieder einmal optimal bewältigt haben. Um uns herum sieht man gelegentlich Regenschleier, aber bei uns bleibt es trocken. In unserem Gasthof in San Giacomo (St. Jakob) kommen wir am Abend sogar noch in den Genuss einer kleinen Sauna.

Tag 6: Von St. Jakob nach Sterzing

Unsere Motivation für die letzte Etappe hält sich in Grenzen, als wir morgens im leichten Regen starten. Es liegen 20 Kilometer flach bergab durch das Pfitschtal vor uns. Teilweise auf Forstwegen, teilweise an der kleinen Talstraße entlang, verfallen wir in einen stoischen Trott, während die Regentropfen leise auf unsere Regenjacken nieseln. Die Alpenüberquerung will uns auf der letzten Etappe nochmal wissen lassen, dass man etwas Durchhaltevermögen für so ein Unterfangen braucht. Später dringt die Sonne aber wieder etwas durch und wir laufen durch grün leuchtende Wiesen und Wälder. Da fällt das Gehen gleich wieder leichter. Als wir um eine leichte Rechtskurve des Tals kommen, erblicken wir mit Freude das Wipptal, in dem sich auch Sterzing befindet – wir sind auf der Zielgeraden.

Durch das beschauliche Südtiroler Pfitschtal führt die letzte Etappe der Bergzeit Alpenüberquerung.

Thomas Herdieckerhoff

Durch das beschauliche Südtiroler Pfitschtal führt die letzte Etappe der Bergzeit Alpenüberquerung.


Auf den letzten Kilometern denke ich an die Erlebnisse der vergangenen Tage zurück. Es ist eine tolle Erfahrung eine lange Strecke zu Fuß zurückzulegen und dabei beobachten zu können, wie sich Landschaft, Vegetation, Berge und sogar Länder verändern. Auch bekommt man so einen Eindruck für die Größe und Vielseitigkeit der Alpen. Ich bin in den letzten sechs Tagen an Bergseen vorbei gelaufen, durch tiefe Schluchten mit rauschenden Bergbächen gewandert, war auf den Spuren von Sissi und Franz unterwegs, hatte sagenhafte Ausblicke aufs Inntal und die Zillertaler Alpen und habe über einen Bergpass die Grenze nach Italien überquert. Einiges erlebt in kurzer Zeit!

Am frühen Nachmittag passieren wir schließlich das Ortsschild – wir haben es geschafft! In Sterzing laufen wir direkt in die pittoreske Fußgängerzone der Altstadt und gehen dort in ein Café. Von hier aus geht es später mit dem Zug über den Brenner und durch das Inntal – in wenigen Stunden die Strecke zurück, die wir gerade in sechs Tagen aus eigener Kraft zurückgelegt haben.

In St. Jakob im Pfitschtal beginnt der letzte Tag unserer Wanderung.

Thomas Herdieckerhoff

In St. Jakob im Pfitschtal beginnt der letzte Tag unserer Wanderung.


In St. Jakob im Pfitschtal beginnt der letzte Tag unserer Wanderung.

Thomas Herdieckerhoff

Geschafft! Nach sechs Tagen Wandern erreichen wir die Altstadt vom italienischen Sterzing.


Hinweis: Dieser Tourenbericht ist im Sommer 2022 entstanden und kann nach wie vor so durchgeführt werden. Bei der Alpenüberquerung mit Guide wurde der Routenverlauf jedoch etwas angepasst. Hier findest Du die genaue Beschreibung der geführten Alpenüberquerung.

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