Freeriden. Das ist reines, ursprüngliches Skifahren. Fast so wie damals alles angefangen hat – mit den Brettern, die die Welt bedeuten.
Doch auch wenn wir uns immer wieder durch Hochglanz-Videos und großen Werbekampagnen vom Freeriden verzaubern lassen und mit dem „Ich will das auch“-Gedanken zurückbleiben, so gibt es beim Start in den Tiefschnee doch einiges zu beachten. Denn was bei Profis so leicht und unbeschwert aussieht, erfordert jahrelanges Training und intensive Vorbereitung.
Um den Einstieg für Anfänger zu erleichtern, haben wir die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst.
Was ist Freeriden?
Freeriden ist eine vergleichsweise neue, leicht abgeänderte Version des altbekannten „Abseitsfahrens“ oder schlichtweg Skifahrens. Schon vor Expansion der Skigebiete und bevor plattgewalzte Pisten die Berghänge „verzierten“, bestiegen Menschen Berge – nur um anschließend auf ihren Skiern wieder hinunterzupflügen.

Bergzeit
Freeriden zählt zu den wohl ursprünglichsten Formen des Skifahrens und fasziniert immer mehr Menschen.
Über die Jahre wurden die Skifahrer immer mutiger und trauten sich, auch steilere und schwierigere Hänge zu befahren. Was früher ausschließlich Extremskifahrer wagten, wird heutzutage aufgrund der verbesserten Technologie und des für jedermann erlernbaren Fachwissens auch für Gelegenheitsskifahrer möglich. Und so entwickelte sich mit den Jahren ein weltweiter Trend.
Freeride-Einsteiger müssen für sich selbst entscheiden, ob es Spaß macht, beim Skifahren mit einem gewissen Risiko kalkulieren zu müssen. Spaß, Nervenkitzel und tolle Erlebnisse in der Natur sind jedoch die Belohnung für all die Anstrengung und Vorbereitung.
Erste Schritte für Freeride-Anfänger
Bevor Du Dich ins Gelände abseits der Piste wagst, solltest Du die folgenden Fragen bedenken.
Ist meine Fahrtechnik gut genug, um mich abseits zu bewegen?
Unpräparierte Hänge benötigen einiges mehr an Fahrkönnen als plattgewalzte Pisten. Die Hänge und auch der Schnee sind uneben, technisch schwerer zu fahren und oftmals auch schwer einschätzbar. Sprich: Es können jederzeit kleine Hügel, Felsspitzen, Absätze und Mulden im Hang oder unter dem Schnee verborgen sein, auf die man sehr schnell reagieren muss.
Und vor allem benötigt es im Tiefschnee eine andere Fahrweise als auf der Piste. Tipps zum sicheren Skifahren im Gelände und zur Tiefschnee-Technik bekommst Du im hier verlinkten Abschnitt in unserem Beitrag Skitourengehen für Anfänger.

Bergzeit
In einem Freeridekurs lernst Du als Anfänger den Umgang mit Gefahren und der Notfallausrüstung, Fahrtechnik im Tiefschnee und die Planung einer Tour.
Ist es als Anfänger sinnvoll, einen Freeridekurs zu besuchen?
In jedem Fall! Zwar bringt es schon einmal viel, zusammen mit geübten Freunden die ersten Schritte ins Abseits zu wagen – viel besser ist es jedoch, sich selbst im Rahmen eines Kurses auf die Gefahren und Herausforderungen im Gelände vorzubereiten. Im Kurs trainierst und übst Du unter professioneller Anleitung den korrekten Umgang mit der eigenen Notfallausrüstung (LVS, Schaufel, Pieps,…).
Du erlernst zudem die Planung einer Tiefschnee-Tour. Die Kursinhalte erstrecken sich von der Interpretation eines Lawinenlageberichts über die taktische Spuranlage, das Erkennen von Gefahrenstellen im Gelände bis zu souveränem Verhalten am Berg.
Gerade für Einsteiger ist ein Kurs die optimale Möglichkeit, alles Wichtige über das Freeriden zu erfahren und – ein nicht unwichtiger Punkt – neue Skifreunde kennenzulernen.
Kann ich einfach hinter anderen Freeridern herfahren? Oder ihre Spur benutzen?
Klares Nein! Erstens weißt Du als Anfänger nie, wie genau andere Fahrer über die aktuellen Begebenheiten informiert sind. Zweitens ist jeder für seine eigene Sicherheit verantwortlich – und nicht jede Spur führt ins Glück.
Spielarten des Freeridens: Skilifte nutzen oder komplett unabhängig?
Vorteil Skigebiet: bequemer und schneller Zugang zu vielen verschiedenen Hängen, meist nur kurze Zustiege mit den Ski am Rücken, um die perfekte Abfahrt zu bekommen. Da Du kaum selbst Höhenmeter bewältigst, hast Du genug Energie, um mehrere anspruchsvollere Fahrten an einem Tag zu machen. Die Zubringerwege sind gut gewalzt und Du erreichst schnell andere Hänge.
Nachteil Skigebiet: Liftkarten sind meist sehr teuer und die Skigebiete oft überlaufen (selbst abseits der Pisten ist immer mehr los), für unberührten Schnee musst Du einer der Ersten an der Bahn sein. Trotzdem musst Du Dich in schneearmen Zeiten zum Freeriden weit von den Liften entfernen. Des weiteren sind die zugänglichen Hänge vom Skigebiet vorgegeben.

Bergzeit
Beim Freeriden kannst Du Dich entscheiden, ob kurzer Hike von der Bergstation oder doch die einsame Skitour abseits der Skigebiete.
Vorteil Skitour: relativ uneingeschränkte Auswahl an Bergen, Touren, Hängen (immer abhängig von Schneemenge, Ausrichtung, Wetterlage, Schutzgebieten, Lawinengefahr und Zugänglichkeit). Abhängig von der Tour ist deutlich weniger los als in den Skigebieten. Du kannst zudem die Ruhe und Abgeschiedenheit genießen. Die Kosten sind niedriger und Du trainierst Deine Ausdauer sowie den ganzen Körper.
Nachteil Skitour: Vor allem für Anfänger ist es sehr anstrengend, die ersten Skitouren zu bestreiten – schließlich muss man sich jeden Höhenmeter hart verdienen. Anfangs wird man maximal ein bis zwei Aufstiege pro Tag schaffen und damit auch nur ein bis zwei Abfahrten. Oft ist man so erschöpft vom Aufstieg, dass die Abfahrt kein echter Genuss mehr ist. Aber Übung macht den Meister!
Regeln: Wie verhalte ich mich abseits der Piste?
Generell gilt es überall, weder sich noch andere zu gefährden. Du solltest Dich den Gegebenheiten anpassen und stets mit einem Sicherheitspuffer unterwegs sein.
Abseits sind (abgesehen von den Modetouren und -hängen) weniger Skifahrer unterwegs. Somit gilt für jeden die unausgesprochene Pflicht, im Notfall einander zu helfen, denn die Rettung ist nicht so schnell vor Ort wie im Skigebiet.

Bergzeit
Abseits gelten andere Regeln als beim Skifahren im Gelände.
Pisten sind präpariert und mit Schildern ausgewiesen. Dass es abseits keine Markierungen gibt, bedeutet nicht automatisch, dass Du überall „querbeet“ fahren darfst. In vielen Bergregionen gibt es Richtlinien für umweltfreundliches Freeriden und Skitourengehen, die unbedingt eingehalten werden sollten, damit Tiere und Natur geschützt werden. Ein gutes Beispiel ist das Konzept Natürlich auf Tour des Deutschen Alpenvereins (DAV). Also Vorsicht walten lassen und sich vorab schon über die Besonderheiten und Schutzzonen informieren!
Ausrüstung: Was benötige ich fürs Freeriden?
Damit der Spaß und die Sicherheit beim Freeriden gewährleistet sind, benötigst Du abseits der Piste folgendes Material:
1. Lawinenausrüstung
Die wichtigsten Neuanschaffungen fürs Fahren abseits der Piste sind LVS-Gerät, Lawinenschaufel und -sonde. Mit dem LVS-Gerät kannst Du im Falle einer Lawinenverschüttung schnell gefunden werden – Du kannst aber auch anderen in Notsituationen helfen. Mehr Infos zu Lawinenverschüttetensuchgeräten (LVS-Geräten) haben wir Dir in unserer Marktübersicht LVS-Geräte zusammengestellt.
Mittlerweile ist auch ein Lawinenrucksack nicht mehr wegzudenken. Dieser erhöht im Falle einer Lawinenauslösung den Auftrieb des Fahrers deutlich und hält ihn somit an der Oberfläche einer Lawine.
Was genau Du brauchst, um sicher abseits der Piste unterwegs zu sein, erfährst Du in unserem Beitrag zum Thema Lawinenausrüstung
Jetzt lesen2. Freerideausrüstung
Um den Tiefschnee optimal ausnutzen zu können, brauchst Du zusätzlich noch die passenden Ski. Freerideski zeichnen sich durch ihre breite Bauweise aus. Je breiter der Ski, desto besser schwimmst Du auf dem Schnee und pflügst umso leichter durch noch so hohen Powder.

Bergzeit
Die wichtigsten Faktoren beim Freeriden? Das passende Material …

Bergzeit
… und die richtige Fahrtechnik.
Für das Freetouring – also die Kombination aus Freeriden und Skitourengehen – gilt im Endeffekt genau das Gleiche. Nur müssen hierbei die Tourenski und -skischuhe auch über einen Aufstiegsmodus verfügen.
Einen Überblick über das komplette Equipment für Deinen Freeride-Tag inklusive einer Checkliste zum Abhaken gibt Dir unsere Packliste Freeride-Ausrüstung.
Lawinenlage und Wetterbericht: Wo informiere ich mich?
Vor jeder Tour in ungesichertem Gelände solltest Du Dich unbedingt informieren, wie es mit der aktuellen Lawinensituation aussieht. Schließlich kannst Du bei einer falschen Einschätzung Dich selbst und auch andere gefährden. Zu diesem Thema gibt es im Bergzeit Magazin einen eigenen Artikel: 9 Mythen über Lawinen: Unser Bergführer klärt auf
Wie Du einen Lawinenlagebericht richtig interpretierst, erfährst Du in diesem Beitrag: Lawinenlagebericht – was steht da eigentlich drin?
Tipp: Die Jugend des Deutschen Alpenvereins (JDAV) betreibt mit Check Your Risk (CYR) eine Kampagne, die Neulingen das richtige Verhalten im Schnee nahebringt.
Vor allem bei Skitouren ist neben dem Prüfen der Lawinenlage ein sorgfältiger Wettercheck nötig, da Du unter Umständen über längere Zeit abseits der Zivilisation unterwegs bist. Ein unerwarteter Wetterumschwung kann schlimme Folgen haben und einen harmlos startenden, strahlend schönen Skitag in ein unkalkulierbares Risiko verwandeln. Wir empfehlen Dir, Dich vor dem Start in den Schnee bei zuverlässigen Quellen zu informieren.